Das Außerfern - der Bezirk Reutte mit den Tallandschaften
Lechtal
Reuttener Talkessel
Tannheimer Tal und
Zwischentoren
umfasst eine
Fläche von 1237 km². In 37 Gemeinden leben rund
32.500 Menschen, die Bevölkerungsdichte beträgt dabei 21 Einwohner pro km². Lediglich 9% der Bezirksfläche werden als Dauersiedlungsraum genutzt, der Rest verteilt sich auf landwirtschaftliche Nutzflächen und dem
alpinen Raum.
Während der
Bronze- und
Eisenzeit wurde das nachmalige
Außerfern zum größten Teil als Transitstrecke, Durchzugs- als auch als Jagdgebiet genutzt. Trotzdem gibt es Hinweise für die zeitlich begrenzte Anwesenheit von bronzezeitlichen Siedlern und später keltisch stämmigen Bauern in unserem Gebiet. Mit den Römern entstand dann die
Via Claudia Augusta als wichtigste Heeresstraße der frühen Kaiserzeit. In ihrem Einflussbereich bildeten sich erste Siedlungen in Form von Straßenstationen oder den römischen Gutshöfen, den 'villa rustica' im angrenzenden Alpenvorland. Mit dem Ende der römischen Provinz Rätien als Teil des Imperium Romanum sinkt offenbar die Bevölkerungszahl wieder. Erst mit den ansteigenden Temperaturen am Übergang in eine Warmphase in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends lassen sich wieder vermehrt Siedler dauerhaft hier nieder. Ja, sie mussten es sogar, da eine durch den Anstieg der Temperaturen hervorgerufene Bevölkerungsexplosion im gesamten nördlich der Alpen gelegenen Landstrich eine Verknappung des bebaubaren Landes nach sich zog und obendrein kriegerische Auseinandersetzungen mit den Franken eine Fluchtbewegung alamannischer Gruppen bis in die Bergtäler zur Folge hatte.
Ob sich zur Zeit der Landnahme erster alamannischer Siedler eine in älterer Literatur als
Urmark genannter Territorien auch auf das nachmalige Außerfern ausgedehnt hat, ist auf Grund fehlender schriftlicher Quellen dieser Zeit nicht nachzuweisen. Zumindest scheint es wahrscheinlich, dass sich im Bereich des Oberen Illertals bei dem heutigen Sonthofen eine solche Mark des Frühmittelalters ausgebreitet hatte, was sich noch heute anhand der Häufung der Ortsnamen mit der Endung auf
hofen widerspiegelt. Im Ostallgäu wären dazu zumindest das zu Schwangau gehörende Pfarrdorf Waltenhofen und Füssen in Betracht zu ziehen [
1]. Für Roßhaupten ist eine Ansiedlung alamannischer Gruppen für das 7. Jahrhundert durch Funde von Reihengräbern belegt [
2].
Die alte Bezeichnung des Gerichtsbezirkes
iudicium extra Verren begegnet uns erstmals in einer Urkunde des Jahres 1269. Mit dem übrigen Tirol verbunden ist der heutige
Bezirk Reutte nur durch die ganzjährig befahrbare Straße über den
Fernpass und die Eisenbahnstrecke von Kempten über Reutte und Ehrwald nach Garmisch mit Anschluss nach Seefeld und Innsbruck. Die maßgebliche Besiedlung und großflächige Kultivierung erfolgte erst spät und überwiegend von Schwaben aus. Daher ist das Außerfern der einzige von den Alamannen geprägte Lebensraum Tirols mit zahlreichen grenzüberschreitenden Beziehungsfäden in das benachbarte Allgäu. Politisch gehört das Außerfern seit dem Ende des 13. Jahrhunderts zur gefürsteten Grafschaft Tirol, kirchlich immerhin noch bis 1816 zum Bistum Augsburg und danach zum Bistum Brixen. Wirtschaftlich über lange Zeiträume im Abseits, konnte sich das Außerfern ab dem 14. Jahrhundert als eine
Salzmetropole - und das ohne eigenes Salz - etablieren.
Reutte war bald der Hauptumschlagplatz des sogenannten "Weißen Goldes" und die Bevölkerung entlang dieser Route von Hall bis in das Bodenseegebiet und dem Raum Breisgau bescherte einem großen Teil der Bevölkerung des damaligen
Gerichts Ehrenberg einen bescheidenen Wohlstand und für manche gar ansehnlichen Reichtum.
Weitere Themen zur Geschichte:
Außerferner Chronik
Berge im und um das Außerfern
Burgen der Region
Am Beginn des 20. Jahrhunderts
In einem Bericht über die "Industrie in Außfern" wird im Allgemeinen Tiroler Anzeiger im Januar 1925 auf den aufstrebenden Bezirk Außerfern aufmerksam gemacht. Gleich in der Einleitung schreibt man ihm jedoch einen eher geringen Stellenwert zu, wenn es da heißt:
"...soll man über Außfern erzählen, so fällt man unwillkürlich in die Versuchung, zunächst eine Beschreibung des Bezirkes loszulassen, so ähnlich, wie wenn über Paraguay oder Uruguay oder sonst ein unbekanntes, überseeisches Gebiet schreiben wollte... [...] ...Bedeutung wurde dem Bezirk bisher überhaupt keine beigemessen, da er mit den Oberinntalerbezirken zusammen die sogenannten passiven notleidenden Bezirke des Landes bildete, d. h. daß die normalen Staatseinkommen im Bezirke kaum die Ausgaben für den Bezirk deckten..."
Der Bezirk Reutte der Gegenwart
Der landschaftliche Wechsel vom noch weitgehend unangetasteten Lechtal bis hin zu den touristisch erschlossenen Gebieten des Tannheimer Tals und der Zugspitzregion bilden eine vielfältige, kontrastreiche und wechselvolle Kulisse für Erholungssuchende als auch sportlich ambitionierte Menschen in dem von hoch aufragenden Gebirgen und tief eingeschnittenen Tälern dominierten, aber eher kleinräumigen Landstrich innerhalb der nördlichen Kalkalpen. Nicht zuletzt deshalb zeigt sich in den letzten Jahren ein zunehmender touristischer 'Dichtestress', wenn man die fremdenverkehrstechnischen Hotspots wie beispielsweise die zahlreichen, im Nahbereich der Tourismusorte überlaufenen Seen der Region betrachtet.
Auch die Bereiche entlang der Hauptverkehrsrouten durch das Außerfern, welche üblicherweise eher einen geringeren touristischen Zustrom aufweisen, stoßen bereits seit geraumer Zeit an ihre Belastungsgrenze im Bereich der Lärmemission wie auch der Quantität der Straßenverkehrsteilnehmer. Das spiegelt sich nicht zuletzt in der Bildung von Bürgerforen gegen den Straßenlärm, insbesondere jener der Motorräder. Vor allem im Lechtal wird der Spagat zwischen dem angestrebten sanften Tourismus und dem indirekt beworbenen Status als Knotenpunkt zahlreicher attraktiver Motorradstrecken auf Dauer nicht gelingen.
Noch um einiges prekärer zeigt sich die Lage an der
Fernpassstraße B179, welche als Fortsetzung der längsten Autobahn Deutschlands – der A7 - in die Zentralalpen hinein, oder aber über den Alpenhauptkamm hinweg in den Süden führt. In der Regel kommt es speziell im Zeitraum der Urlauberschichtwechsel, also vorrangig an den Wochenenden, zu teils kilometerlangen Staus. Im Jahr 2017 beispielsweise entfielen knapp 15% aller Staustunden in ganz Österreich auf die Strecke der Fernpassstraße. Nach den Autobahnen führt deshalb die B179 vor allen Straßen Österreichs im Hinblick auf die Anzahl der Staus das Negativ-Ranking an.
Der Bezirkshauptort Reutte selbst ist mit zahlreichen kleinen Handels- und einigen mittleren bis wenigen großen Gewerbebetrieben der wirtschaftliche Kern dieses Gebietes im Nordwesten Tirols. Touristisch spielt die Marktgemeinde hingegen lediglich eine untergeordnete Rolle, was in ähnlicher Weise auch für die umliegenden Gemeinden im Talkessel gilt.
Außerferner Probleme
Straßen und Verkehr - Alpentransit entlang der B179, Ausflugsverkehr und Motorräder
Immobilienpreise
Overtourism
Einzelnachweise
1. Geschichte des Allgäus - Band 1, S. 125
2. Informationszentrum Via Claudia Augusta im Pfannerhaus in Roßhaupten