Die Via Raetia war eine bedeutende römerzeitliche Fernstraße, die Norditalien über die Alpen mit der Provinz Raetien verband. Sie gilt als die wichtigste Alternativroute zur
Via Claudia Augusta, die Streckenführung ist aber steiler und anspruchsvoller, dafür direkt und schnell.
Im Gegensatz zur Via Claudia wurde aufgrund der schwierigen Trassenfindung erst relativ spät mit einem größeren Ausbau der Straße begonnen. Erst etwa 200 n. Chr. löste sie die ältere Via Claudia als militärische Hauptverkehrsroute zwischen Italien und dem süddeutschen Raum ab, nachdem die Eroberung Britanniens immer größere Truppenkontingente im Norden erforderlich machte.
Ihre erste Nennung erfährt die Via Raetia erst um etwa 500 n. Chr. durch den griechischen Gelehrten
Zosimos, welcher in seinem Werk 'Historía Néa' (übersetzt: 'Neue Geschichte') die Geschichte des Römischen Reiches ausführlich (alle 6 Bände sind bis in die moderne Zeit beinahe vollständig erhalten geblieben) schildert.
Auszug aus der Tabula Peutingeriana mit einem Abschnitt der Via Raetia
Orte entlang der Strecke im näheren Einzugsgebiet
Bozen (Pons Drusi)
Kollmann/Waidbruck (Sublavio)
Brixen
Sterzing (Vipitenum)
Matrei am Brenner (Matreium)
Innsbruck/Wilten (Veldidena)
Zirl (Teriolae)
Scharnitz, Mittenwald oder Klais? (Scarbia)
Partenkirchen (Partanum)
Coveliacea - vermutlich der Moosberg im Murnauer Moos
Weilheim
Raisting (Urusa?)
Pons Drusi
Wo genau sich diese 'Brücke des Drusus' befunden hat, kann heute nicht mehr mit Gewissheit gesagt werden. Eine Möglichkeit wäre etwa Kardaun, am Taleingang des Eisacktales östlich von Bozen, oder aber ein Brückenbau südlich der Bozner Altstadt - in etwa im Bereich der heutigen Loretobrücke.
Sublavio
In der frühen Forschungsgeschichte zur Via raetia wurde die Straßenstation Sublavio häufig mit Klausen gleichgesetzt und wird zum Teil auch in neueren Abhandlungen noch mit diesem Ort in Verbindung gebracht. Die Entfernungsangaben aus der Tabula Peutingeriana lassen sich jedoch mit Klausen als Standort der römischen Straßenstation nicht klar vereinbaren.
Römerzeitliche Funde ließen hingegen bei Kollmann (1927) und auch an der gegenüberliegenden Flussseite bei Waidbruck (ab den 1980er Jahren) die Lokalisierung der genannten Straßenstation vermuten.
Auf dem Schuttkegel des Ganderbaches hatte vom 1. bis zum 5. nachchristlichen Jahrhundert eine römische Siedlung mit einer Ausdehnung von 160 Meter in der Länge und einer Breite von 50 Meter bestanden, wie der Forscher Prälat Adrian Egger damals feststellen konnte[
1].
Möglicherweise hatte ein Brückenbau Kollmann mit Waidbruck verbunden?
Vipitenum
Sterzing war in römischer Zeit die Straßenstation Mansio Vipitenum, welches im vormaligen Grenzgebiet der rätischen Breonen und Isarci lag. Das römische Castrum befand sich an der Anhöhe westlich von Sterzing bei Thuins.
Die älteste mittelalterliche Namensnennung des Gebietes am Brenner geschieht Ende des 12. Jahrhunderts als 'Wibitwald' oder auch 'Wibetwald' im Traditionsbuch des Grafen Siegbot von Falkenstein, sowie im Zollvertrag zwischen den Bischöfen von Trient und Brixen vom 6. April 1202. Mit großer Wahrscheinlichkeit von dem vormaligen Vipitenum entlehnt, wanderte die Bezeichnung gegen Norden zu dem die Anhöhe des Brenners überziehenden Wald und lebt bis heute im Namen Wipptal fort[
2], welches sich sowohl gegen Norden in Richtung Innsbruck, als auch nach Süden hinab bis Sterzing erstreckt.
Matreium
In römischer Zeit befand sich im Ortsgebiet Matrei eine Straßenstation, welche an Stelle einer älteren, mindestens hallstattzeitlichen Siedlung genutzt wurde. Den Standort des römerzeitlichen Kastells und auch der mansio kennt man heute nicht mehr, vermutet ihn jedoch im Nahbereich der drei Erhebungen, welche einst mittelalterliche Burgen trugen. Einzig davon erhalten hat sich die Burg Trautson, die Burgen Raspenbühel und Vogelbühel hingegen sind längst abgegangen.
Teriolae
das spätantike Teriolis - der heutige Martinsbühel bei Zirl an der Verbindungsstraße Brenner - Wilten - Augsburg
Schummerungskarte (Geländemodell DGM; Tiris) / Die Lage von Teriolis (Oswald Menghin [1912]); Abbildung der Kartenskizze aus der Zeitschrift 'Deutsche Gaue'
Einzelnachweise
1.
Barbian: eine Gemeinde stellt sich vor - Die römische Zollstation Sublavio bei Kollmann; Oberrauch Hanns (2003)
2. Tiroler Nachrichten vom 26. Jän. 1946; S. 3 - Der Name des Brennerpasses