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Von der Ansiedlung der Ortschaft Namlos
Serie aus Außferner Bote Feb./März 1928

Die Ortschaft Namlos samt der dazugehörigen Umgebung war bis Ende des 16. Jahrhunderts Eigentum der Marktgemeinde Imst. Auch die Ortschaft Kelmen und deren Umgebung dürfte damals im Besitze der Imster gewesen sein, da ja auch die Alpe Raaz nachweislich zu Imst gehört hat, welche sich dann um die damalige Zeit die Gemeinde Reutte durch Kauf angeeignet hat. Die Imster haben sich ja dann mit dem ganzen Betrag, den sie für diese Alpe von den Reuttenern erhielten das eiserne Gitter hinter dem Portal der Johanneskirche angeschafft, welche Tatsache man heute noch von den Imstern hören kann. Wann aber Kelmen angesiedelt wurde, ist dem Schreiber dieser Zeilen unbekannt. Jedoch dürfte diese Ansiedelung nichr lange nach der von Namlos geschehen sein.
Die heutigen Felder und die jetzt holzfreien Weideplätze um das Namloser Feld herum waren bis zur Mitte oder Ende des 15. Jahrhunderts größtenteils mit Fichtenholz bewachsen, welches die damaligen Bürger von Imst nach einer alten fortbestehenden Sage an Herrschaften von Augsburg verkauften, welche dieses durch Holzknechte fällen ließen.
Das gefällte Holz, und zwar die ganzen Stämme, wurde nach Stanzach befördert und von dort auf dem Lechfluße nach Augsburg geflößt. Nach diesem Abholzen benützten die Imster dieses Gebiet als Vieh-(Kuh)alpe und betrieben hier auch die Sennerei. In einer alten Urkunde, welche heute noch im Gemeindearchiv zu Namlos aufbewahrt liegt, ist zu lesen, daß die Imster ungefähr in der Mitte des 16. Jahrhunderts dieses Gebiet verpachtet hatten, und zwar um einen Pachtschilling von zwei Gulden jährlich. Am 13. Mai des Jahres 1583 wurde nun dieses Gebiet, welches von den Imstern, Nambleser Hof genannt wurde, diesen Pächtern, welche der Sage nach von Pfunds in Oberinntal stammten, (was, wenn man die Dialekte vergleicht, auch wirklich auf Wahrheit beruhen dürfte), von den Imstern kaufweise um den Geldbetrag von 65 Gulden, sage fünfundsechzig Gulden, auf weltewige Zeiten als unwiderrufliches Eigentum übergeben. Die Namen dieser Käufer waren folgende: Georg (Gejörgen) Schwarz, Gejörgen Schnöller, Christian Greßle, Oswald Fuxen, Michael Falger, Adamen Singer, Hanns Langen und die fünf Kinder des vor dem Kaufe verstorbenen Hanns Köck.
Von diesen acht Käufern baute sich jeder ein Haus aus Holz, indem sie zum Teil die schon seit längeren Zeit bestandenen Holzer- oder Sennhütten entsprechend zu Bauernhäusern umbauten. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde an einem so alten Haus eine Renovation vorgenommen, und hiebei wurde an einem so alten Holzbalken die Jahreszahl 1441 entdeckt, welche sicher noch von den erwähnten Augsburger Holzknechten herrührte.
Diese angesiedelten Personen und deren Nachkommon kultivierten das Feld und bauten sich nach und nach mehrere Häuser aus Holz, bis im Laufe der Zeit aus dem Namleser Hof ein Dörfchen mit 31 Häusern (wie in einem alten Steuerbuch zu sehen ist) entstand, welches anfänglich "Nambles," später aber "Namlos" benannt wurde.
Sie errichteten auch an Stelle der heutigen Kirche eine Kapelle, welche i. J. 1679 zu einer Kirche erweitert wurde, jedoch aber noch nicht in diesem Umfang wie sie heute steht. Die Leichname der Verstorbenen mußten anfänglich in Dormitz bei Nassereut (der Sage nach), später aber, bis um das Jahr 1680 in Berwang begraben werden.
Zur Pestzeit im 17. Jahrhundert wurden auch die Nambleser von dieser schrecklichen Krankheit heimgesucht, und viele von den Einwohnern fielen derselben zum Opfer. Die vielen Leichen der an dieser Krankheit Verstorbenen zur Beerdigung nach Berwang zu liefern, war für Die Hinterbliebenen zu umständlich, daher begruben sie dieselben an der Ebene des unteren Feldes, welche Ebene man dann "Das Totenfeld," später aber und auch heute noch das "Dotterfeld" nannte. Ein Weiblein, mit Namen Barbara, (man nannte es das Bärbele), hatte sich vor dieser Krankheit und vor dem Sterben so sehr gefürchtet, daß sie es vorzog, die Ortschaft zu verlassen und flüchtete mit einer Menge Lebensmittel eine Stunde weit gegen Stanzach in den an der Sonnenseite gelegenen ärarischen Wald, in eine Felsenhöhle, wo sie auch tatsächlich vor der Krankheit und vor dem Sterben verschont blieb. Diese Höhle nennt man daher heute noch: "Die Bärbeleshöhle". [Bärbeles Wald]
Am 3. Oktober 1680 erhielten die Bewohner der Gemeinde Nambles an Hochw. H. Jakob Greiter ihren ersten Seelsorger. Volksschulunterricht wird sicherlich in der Ortschaft Nambles vor Ankunft eines Seelsorgers gar keiner, und später bis zum Jahr 1787 ein bloß mangelhafter erteilt worden sein. Wie Schreiber dieser Zeilen in seinen Jugendjahren von den ältesten Personen vernommen hat, wurde vom Jahre 1680 an vom Herrn Seelsorger den Kindern Unterricht erteilt, und zwar, da noch kein eigenes Schulhaus zur Verfügung stand, in solchen Wohnhäusern, in welchen diesem Zwecke entsprechende heizbare Zimmer waren. Erst im Jahre 1787 erscheint Josef Fuchs als erster Lehrer. Dieser war der Sohn eines Namloser Bauern und sicher eine Abstammung des anfangs erwähnten Oswald Fuxen, des Mitkäufer des Nambleser Hofes. Dieser Josef Fuchs wird wahrscheinlich zu damaliger Zeit einer der besten Schüler gewesen und von seinen Seelsorgern für das Lehramt vorbereitet worden sein. Er wurde daher vom k. k. Schulkommissär Lacharding für den Schuldienst als befähigt anerkannt und vom k. k. Kreisamt Imst durch das k. k. Pflegamt Ehrenberg im November des Jahres 1787 als Schulmeister definitiv angestellt.
Für die Ausübung des Lehramtes erhielt er eine jährliche Entlohnung im Betrage von 36 Gulden R. W. Was die zu damaliger Zeit vorgeschriebenen Unterrichtsgegenstände betrifft, so war er, wie mir seine, in meiner Jugend noch lebenden Schüler erzählten, im Lesen und Rechnen, besonders aber im Schreiben sehr gewandt. Seine schöne Handschrift hat er sich wohl durch seine fortwährenden Schreibübungen, namentlich durch Abschreibung von Gebetbüchern angeeignet. Schulmeister Josef Fuchs mußte seine Schüler, weil kein eigenes Schulhaus vorhanden war, ebenfalls in Bauernhäusern unterrichten. Im Jahre 1823 konnte sich die Gemeinde auf Anregung des Schulmeisters und des damaligen Seelsorgers Josef Patsch entschließen, ein Schulhaus zu bauen, wozu von Hochw. H. Josef Patsch der Plan gezeichnet und der Gemeinde vorgelegt wurde.
[Erwähnenswert] ist noch, daß nicht weit von der Ortschaft Namlos, jedoch schon im Imstergebiet die Heiterwand sich befindet, in welcher in früheren Zeiten, sicherlich auch schon vor dem Ankauf des Nambleserhofes, Blei und Zinkerz gewonnen wurde. Da in Namlos, wie schon erwähnt, im Verlaufe der Zeit die Zahl der Einwohner sowie auch die der Häuser sich merklich vergrößerte und die Einwohner an ihren Anwesen nur mehr kärglich zu leben hatten, konnten sich jüngere Burschen als Arbeiter in der Heiterwand nebenbei ein schönes Geld verdienen und sich dadurch ihr und der ihrigen Fortkommen erleichtern. Diese Arbeiten in der Heiterwand wurden aber während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wegen der Transportschwierigkeit des Erzes eingestellt. Daher mußten viele jüngere, kräftige Burschen größtenteils als Handlanger und Maurer in die Fremde ziehen (im Frühjahr) um sich daselbst etwas zu verdienen. Sie mußten manchesmal ziemlich weit fort wandern, bis sie Arbeit bekamen. Meistens gingen sie nach Kärnten und Steiermark, einige nach Deutschland und einige kamen sogar bis in die Niederlande. Im Herbst kamen sie dann größtenteils wieder nach Hause, wo sie dann während der Winterabende den Leuten beim Kaminfeuer ihre Erlebnisse erzählten.