Beiträge zur Heimatkunde
über den ehemaligen Pfarrbezirk Breitenwang
Serie aus: Ausferner Bote des Jahres 1923
Reutte liegt unter dem 28° 22' 20" östliche Länge von Ferro und dem 47° 29' 10" nördlicher Breite ungefähr 850 m über der Meeresfläche.
Die Römer waren sicher hier. Der Geschichtsschreiber Klaudius Ptolomäus gedenkt der Alpen poene wo der Lech entspringt, der das schwindende Vindelicien von Rhätien schied und Plinius nennt unter den vier in Vindelicien eroberten Stämmen die Likatier, d. h. Lechgauer oder Lechtaler.
Die Gegend von Reutte wurde nach der Eiszeit durch die abschmeldzenden Gletscher in einen See verwandelt. Auch der Lech, welcher sich bei den 'Julischen Pässen' bei Füssen erst den Durchbruch erkämpfen mußte, überschwemmte die Gegend. Erst nach Jahrhunderten floß das Wasser allmählich ab, die Gegend verwandelte sich in eine sumpfige Au, welche mit wucherndem Erlengebüsch verwachsen war. In der Zeitfolge entsprossen dem Boden jedoch auch Tannen, es entstanden teilweise Wädler. Ueber die Ureinweohner fehlen sichere Nachrichten, doch dürften dieselben dem Stamme der Suanti und Consuanti angehört haben.
Bis zum Auftreten des hl. Magnus heißt es u. a, daß ihn vom Säuling nach Füssen ein Bär begleitete. Unter dem Wort 'Bär' ist ein damaliger Bewohner - Waldmensch - zu verstehen. Die gleiche Bedeutung hat auch das Wort 'Boar'. -
Der den Heiligen begleitende Bär war also ein Mensch und kein unvernünftiges Tier. Die vom hl. Magnus in Füssen gegründete Abtei erhielt vom französischen König Pipin. Kleinen (751 - 768) auf Verwenden des Bischofs Wikterb von Augsburg und des Landesherzogs Gunzo einen großen Wald zur Rodung und Nutzung und zu ihrem bessern Unterhalte Zinsleute im Geltensteiner Gau. (So nannte man im Mittelalter die Gegend um Füssen links des Lechs bis Kaufbeuern vom Flusse Geltnach).
Aschau finden wir als eines der ersten Gründungsgüter des gedachten Klosters aufgezeichnet und glauben daher, es in dieser königlichen Schenkung suchen zu dürfen. So erklärt sich auch die Sage, daß es einst zu Frankreich gehört habe. - Auf einen Wald deuten noch die Orte Buchenort, Holz, Aschau, auf die Rodung aber Wängle und Höfen. Dürfte nun damals nicht auch der auf dem Boden des heutigen Reutte stehende Erlenwald ausgereutet, gerodet worden sein? und wäre es zu gewagt, wenn wir behaupten, daß die ersten Ansiedlungen im heutigen Reutte etwa um das Jahr 770 geschahen? Sichere Anhaltspunkte fehlen allerdings für diese Behauptung, da schriftliche Aufzeichnungen nicht vorhanden sind.
Am 14. September 1219 erhielt das Kloster Füssen auf Ansuchen des Abtes Konrad (17. Klostervorsteher) einen Reichsschirmbrief für sich und seine Besitzungen im Distrikte Aschau, von Musau bis Hornbach.
Lothar II. röm. Kaiser aus dem fränkischen Hause, von Rom kommend, erkrankte am 11. November 1137 in Trient, setzte aber dessen ungeachtet seine Reise über Vintschgau fort und starb unterwegs in einer armen Hütte zu Breitenwang, die man heute noch unterirdisch sehen kann und deren Bauart allerdings ein sehr hohes Alter verkündet. Die Gebeine dieses Monarchen ruhen zu Königslautern.
Johann Josef Pock und vorzüglich der bayrische Geschichtsschreiber Lorenz Westenrieder setzen es außer Zweifel, daß unter Breduwan villa am Ausgange der Alpen, wie es in den alten, lateinischen Urkunden heißt, das heutige Dörfchen Breitenwang verstanden ist. - Die Meinung, wo Lothars Ende erfolgte, ist zwischen Pettnau und Breitenwang geteilt worden. Es leuchtet uns aber keineswegs ein, wie man unter Breduwan - nach der natürlichen Etymologie Pettnau verstehen, da es übrigens doch geschichtlich erwiesen ist, daß der Kaiser über Vintschgau reiste, folglich diesen an der Straße von Innsbruck ins Oberinntal gelegenen Ort wohl nicht berührte; endlich Breitenwang und nicht Pettnau am Schlusse der Alpen liegt. Liefert nicht auch die im Munde hiesiger Bewohner fortgepflanzte Erzählung einen sprechenden Beweis?
Die älteste noch vorhandene Urkunde unseres Pfarrbezirkes dürfte wohl nachstehende sein: Peter von Hoheneck schenkte dem Magnus-Kloster zu Füssen am Donnerstag nach dem weißen Sonntage 1313 eine Mühle zu Pflach und ein Gut zu Ried daselbst. Berthold, sein Sohn, gab ihm am 15. Juni 1372 auch die Vogtei dazu. Nach der Ortslage zu schließen ist jene Mühle nun als Hüttenmühle bekannt.
Hier schmolz man in früheren Zeiten, das vom Säulinge und den Aschauer Bergen gewonnene Eisen- und Kupfererz. Die zahlreichen Erzgruben, die man überall findet, zeigen von dem lebhaft betriebenen Bergbau. Die Wälder im Lechtale dienten zur Schmelzung des gewonnenen Erzes und der Lech zur Flößung des Holzes.
Holzgau liefert namentlich den redenden Beweis. 1472 betrieb eine Gewerkschaft im Lechtale in Alperschon zu Feustarb (Feuerspitze) ein beträchtliches Eisenwerk und mußte für jeden Zentner 2 Kreuzer Rekognition bezahlen. 1479 erhielt eine Gewerkschaft am Fern die Erlaubnis, Galmei zu bauen.
In einer Instruktion für den Bergrichter im Inntale am Mittwoch vor St. Veit 1483 wird schon des Bergwerkes zu Biberwier, das jetzt unter dem Namen Silberleiten bekannt ist und noch betrieben wird, gedacht. 1604 wird von einem Eisenwerk in der Weitalpe Erwähnung gemacht.
Die Pfarre Breitenwang wird zum erstenmal 1153 urkundlich erwähnt, hat aber damals schon lange bestanden; ihr Ursprung fällt unwzeifelhaft in das verflossene Jahrtausend. Es ist geschichtlich erwiesen, daß der Gothenkönig Theoderich, den die Grenzen bewachenden Kriegern auf Ehrenberg Lebensmittel und Proviant angeschafft habe, daher muß damals das Schloß Ehrenberg schon existiert haben, es wird also römischen Ursprungs sein.
Kaiser Ludwig der Bayer (1314 - 1397) kam bei einer Jagd, welche von Ettal aus unternommen wurde, an den Plansee. Beim Kaiserbrunnen war in früheren Jahren ein Christusbild angebracht, an dem des Kaisers Namen eingegraben war.
1380 ist der selige Bruder Ulrich in einem Hause am Sagbache, Gmd. Musau, gestorben.
Auf der Höhe des Schwarzenberges, Gmd. Pinswang, stand einstens das Schloß Frauenstein, nicht zu verwechseln mit dem Höhlenschloß am Burgschrofen, welches den Herren v. Kleinhans gehörte und 'Schloß im Loch' hieß.
Ein großes Unglück traf am 30. 1 .1456 in der Nacht das Dörfchen Mittewald bei Bichlbach, einst auch noch zur Pfarre Breitenwang gehörig. Eine Staublawine stieß die Kapelle vom Bühel herab und erdrückte etliche Häuser und begrub viele sorglose Bewohner in ihrem Schosse. 22 Menschen wurden erbärmlich getötet, die übrigen aber nach 3 Tagen ausgegraben. Von diesem Schreckenstage an erhielt Mittewald den ominösen Namen 'Lähn'.
AM 26. Juni 1466 wurde in Breitenwang auch ein Frühmeß-Benefizium errichtet, welches stets mit einem Weltpriester zu besetzen war.
Gemäß Urkunde vom 4. Februar 1441 wurde von den Hoheneckern glaubwürdig dargetan, daß von Reutte aus die Straße über Aschau seit geraumer Zeit führe.
Im Jahre 1494 erhielt Reutte vom Kaiser Maximilian I. (1493 - 1519) 'einen Wochen- und Schrannenmarkt' speziell für Getreide. Am Freitag nach St. Urban 1491 verkaufte Johann Schmied der Bürgerschaft die Hofstätte, den Zaun und Keller zum hiesigen Kornhause. Reutte muß daher schon lange als Marktflecken existiert haben und verdankt ohne Zweifel sein Dasein dem Berg- und Hüttenwerke am Säuling.
Reutte war der Gerichtsbarkeit von Ernberg unterworfen, das einst durch Pfleger, welche bei Feindesgefahr auch Festungskommandanten waren, verwaltet worden ist. Am Freitage nach Pfingsten 1497 eröffnete Kaiser Maximilian dem damaligen Pfleger Gossenbrot, einem Augsburger Patrizier, daß er die Inkorporation der Pfarrkirchen Breitenwang, Bichlbach, Ober- und Unterlechtal mit dem Kloster Füssen genehmige.
Dieser liebevolle Monarch belustigte sich am 12. Februar 1510 und 6. Oktober 1518 auf Ernberg mit der Falkenbeize, wo ihm ein von der Liebe der Untertanen begeistertes Willkommen tausendfach entgegen schallte. Er schenkte unserem Gossenbrot seine königliche Huld in einem hohen Grade und überhäufte ihn mit Beweisen seiner besonderen Neigung. Maximilian kam 1518 mit zahlreichem Gefolge vom Reichstage zu Augsburg und setze von hier unter trauriger Ahnung, er werde Tirol nicht mehr sehen, seine Reise fort über Innsbruck nach Wels, wo er am 12. Januar 1519 starb.
Gossenbrot wurde mittels einer Blutwurst vergiftet und am St. Veitstage 1502 in Füssen begraben, wo sich derzeit noch sein in Lebensgröße aus rotem Marmor in hoch erhabener Arbeit gehauenes Bild in der Johanneskapelle, hinterhalb der Stiftskirche, befindet.
Nach Gossenbrots Tod gab Maximilian, um sich aus der peinlichen finanziellen Verlegenheit zu reißen, Ernberg an die reichen Fugger von Augsburg in Pfandschaft.
Diese verehrten diese Pfandschaft 1423 als Hochzeitsgeschenk dem Don Gabriel Salamanca, erster Rat und Günstling Ferdinand I., welcher sich mit einer Gräfin v. Eberstein, einer Verwandten der reichen Fugger, vermählte.
Am 6. September 1528 vernichtete eine Stunde lang ein fürchterlicher Hagel alles Getreide und zerschlug vollends die schon durch Nässe verdorbene Ernte. Nach 10 Tagen sah man noch in Gräben die Ueberbleibsel der Hagelsteine. Eine drückende Not war die Folge davon. Ferdinand I. ließ auf seine Kosten 1543 durch den Pfleger Jakob von Thun in Ernberg über den alten Fern eine bessere Straße bauen. Ein ehernes Monument am Portale des Kaplaneigebäudes auf dem 'Fern' erinnert an diese Begebenheit. Karl V. und sein Bruder Ferdinand, welcher Regent von Tirol war, mit dem Orden des goldenen Fließes geziert, stehen hocherhaben auf beiden Seiten. Der einfache Tiroler und doppelte Reichsadler prangen zu den Füssen dieser mächtigen Fürsten. In der Mitte ist eine Inschrift angebracht.
Im Jahre 1561 gossen Gregor Löffler und seine Söhne Elias und Johannes Löffler die 90 Zentner schwere Glocke von Tannheim auf Befehl des k. k. Rates und Pflegers in Ernberg Georg Kanz (Kraighen). Der Gregor Löffler, Büchsenmeister zu St. Nikolaus b. Innsbruck, befand sich während des Einfalles des Kurfürsten Moritz v. Sachsen i. J. 1512 als Büchsenmeister auch im Schlosse Ernberg.
Erzherzog Ferdinand II. beehrte auch unseren Bezirk mit seiner Gegenwart. Das Jagen edlen Wildes im Hochgebirge ergötzte ihn umsomehr, als er selbst mit Hilfe des Revierjägers Konrad Rief von Nesselwängle und seiner Brüder eine kletternde Gemse auf einem fast unzugänglichen Felsen im Reintale (Füssener Alpe) erlegte. Der genannte Jäger erhielt für seine Dienste am 3. Oktober 1591 einen Wappenbrief und eine schöne Bergwiese.
Ein heftiges Erdbeben erschütterte am 4. Januar 1572 die hiesige Gegend mit gewaltigen Stößen so sehr, daß die erschrockenen Bewohner auf die Felder flüchteten, um ihr Leben zu fristen.
Im Jahr 1604 den 28. November erhielt Burkhard Leimann zu Libenau und Steineberg, Pfleger zu Ernberg, vom Erzherzog Maximilian III., Deutschordens-Großmeister, das Privilegium, daß sein von den Edlen von Kleinhans im Markte Reutte gekaufte Haus 'Ehrenheim' genannt, jetziges Amtsgebäude, Dienst und Beschwerdefrei sein, er dieses Prädikat führen und überdies das Recht des Jagens und Fischens genießen soll. Dieser Maximilian ließ auch die in grauem Marmor versenkte Inschrift oberhalb des nördlichen Portales an der Klause, sowie das Großmeisterliche Wappen aus kararischem Marmor daselbst anbringen.
In das Jahr 1628 fällt der Bau des Klosters in Reutte durch Erzherzog Leopold V., einem Bruder Kaiser Ferdinand II.
Fürstbischof Heinrich V. flüchtete infolge der Schwedengefahr am 18. Mai 1632 von Füssen nach Reutte, wo er freudig aufgenommen wurde. Er ließ am 31. Mai auch alles Geschütz, Pulver, Blei und Kostbarkeiten von Füssen nach Reutte bringen. Von hier reiste der Fürstbischof nach 3tägigem Aufenthalte weiter nach Imst. Ernbergs Vorwerke am Stieglerberge, Kniepasse und der Roßschläg wurden in Verteidigungszustand gesetzt und im Schlosse die Garnison verstärkt. Erzherzog Leopold eilte selbst herbei, leitete die Arbeiten und ab seine köstlichen Kleinodien als Beitrag her.
Am Abend des 5. September 1633 kamen 1400 spanische Soldaten nach Reutte, welche die Bürgerschaft verpflegen mußten. Im Juli, August und September herrschte hier die Pest. Kaum 1/6 der damaligen Einwohnerzahl blieb von ihr verschont. Manche Geschlechter waren auf immer verschwunden.
Den 23. September 1636 übernachtete hier ein Kardinal, von Sr. päpstlichen Heiligkeit zum Reichstage nach Regensburg gesendet.
Am 25. Juli 1640 nachmittags 3 Uhr stürzte plötzlich mit fürchterlichem Getöse der Pfarrkirchturm zu Breitenwang um, ohne daß jemand beschädigt worden ist.
Am 8. Mai 1653 wurde der Grund zum neuen Kirchturm gelegt und dieser 1656 vollendet. Seine Höhe beträgt von der Erde bis an das Gesimse 80 Fuß; ebenso hoch ist sein spitziges Dach. Ganze Höhe also 160 Fuß = 54 m. Jede Seite der Grundfläche mißt 20 Fuß = 6,7 m.
Am 4. April 1689 um 7 Uhr früh richtete eine Staublawine im Dorfe Lähn bei Bichlbach zum zweitenmale schreckliche Verheerungen an, begrub 11 Häuser, 46 Menschen und alles Vieh unter ihrem Schutte. Es gingen 24 Personen und 48 Stück Vieh jämmerlich zu Grunde.
1699 richtete eine Ueberschwemmung des Leches großen Schaden an.
In den Sommermonaten 1700 verminderte eine schreckliche Seuche die weidenden Viehherden.
Ein größlicher Brand verwandelte 1701 den größten Teil des Marktes Reutte in einen Schutthaufen. Ein großer Brand legte das Franziskanerkloster samt der Kirche und 52 Häuser im obern Markte zu Reutte in Asche. Damals gingen die meisten Urkunden im Feuer zu Grunde.
Joh. Amman, Handlungsfaktor in Reutte, kaufte 1719 das Badhaus im Kreckelmoos samt etlichen Grundstücken und gab demselben die heutige Gestalt. Dieser Bau soll ihn gegen 20000 Gulden gekostet haben. Die Schwefel- und Kupferquellen entströmen dem Boden oberhalb unterhalb des Gebäudes. Dieses Bad stand einstens im besten Rufe und wurde nicht nur vom gewöhnlichen Volke, sondern auch von zahlreichen Herrschaften, selbst vom Gouverneur Gottfried Grafen v. Heister, k. ungar. Stephansordens-Kommandeur, öfters besucht. -- Peter Paul Mayer, der Arzneikunde Doktor in Reutte ließ 1783 das Resultat der vorgenommenen chemischen Untersuchung dieser Badquellen samt einem getreuen Prospekt und Beschreibung des Badhauses in Druck legen.
1704 wurden auf dem Schloßkopf zuerst Pallisaden und ein hölzernes Wachthäuschen gebaut. 1726 wurde mit dem Bau einer zweiten Bergfestung daselbst unter der Leitung kaiserlicher Ingenieure begonnen und 1741 dier Bau, welcher beinahe 3 Millionen Gulden gekostet haben soll, vollendet.
1793 schmückte der Maler Balthasar Riepp die kleine Kapelle zwischen der Pfarrkirche u. Totenkapelle, dem Erlöser im Kerker geweiht, durch ein schönes Freskogemälde. Dieser Maler wurde am 22. November 1703 zu Kempten geboren. Auf Kosten des Fürstabtes Anselm Freiherrn v. Reichling zu Meldegg genoß er seine Ausbildung in Rom. In die Heimat zurückgekehrt, vermählte er sich mit einer Tochter des Malers Paul Zeiler in Reutte u. erwarb sich daselbst das Bürgerrecht. Er starb zu Vils am 2. 8. 1764 in drückender Armut. Er war sehr freigiebig gegen die Armen und ist nur zu bedauern, daß er im Alter immer mehr den Branntwein lieb gewann. Es dürfte angezeigt erscheinen, hier auch einige anderer Männer aus dem hiesigen Markte zu gedenken.
Ich beginne mit der Malerfamilie Zeiler. Paul Zeiler, Riepps Schwiedervater, hierorts geboren am 21. 8. 1658, wurde Präzeptor am Hofe zu Florenz. Seiner innigen Freundschaft mit dem dortigen Hofmaler verdankte er die in ihm erst aufkeimende Liebe zur Malerei, welche vermochte, daß er auf seinen einträglichen Dienst verzichtete und zum dem Künstler in die Schule ging. In Rom blieb er 16 Jahre. Anher zurückgekehrt, nahm er die brave Anna Kurz zum Weibe, die ihm seine Lebenstage versüßte. Von ihm haben wir mehrere Bilder in Oel und Fresko. Ich erwähne das Altarbild in der Ottilienkapelle zwischen Niederwängle u. Unteraschau. Er malte korrekt und schön und immer nach eigener Erfindung. Er starb 1731.
Von seinen Söhnen traten 6 in den Priesterstand, nur Jakob, geboren dahier am 26. 2. 1710, wurde Maler. Die erste Ausbildung genoß er bei seinem Vater und kam im 16. Lebensjahre nach Rom u. später nach Neapel zum weiteren Studium. ER wurde in der Folge Mitglied der Wiener Akademie und schwang sich zum k. k. Hofmaler empor. Jakob Zeiler starb ledig am 8. Juli 1783 dahier. Von ihm stammen Freskogemälde in der Kirche zu Breitenwang und Bichlbach.
Von seinen Schülern erwähne ich den bekannten Josef Anton Köpfle von Höfen. Er war geboren am 7. September 1757 und ging kaum den Knabenschuhen entwachsen mit den Maurern ins Ausland. Da er zu Feldkirch dem Hofmaler Zeiler beim Anwurfe des Plafonds diente, erwachte in ihm die Neigung zu dieser Kunst. Zeiler bildete ihn unentgeltlich aus. Von 1787 - 1789 besuchte er die Akademie zu Augsburg. Köpfle war Meister in der Architektur und Perspektivzeichnung u. wir besitzen im Bezirke eine Menge Fresken von ihm, besonders Häuserdekorationen und hl. Gräber.
Aus dem Geschlecht der Zeiler sei noch besonders erwähnt Franz Anton Zeiler, brixner'scher Hofmaler, geboren in Reutte am 18. 4. 1716. Er lernte zunächst bei seinem Vetter Paul Zeiler und kam dann zu berühmten Meistern in Augsburg u. Rom in die Schule. In Venedig studierte er 1750 Titians schönstes Kolorit mit allem Fleiße. Er malte sehr praktisch in einem gefälligen Stile um billige Preise. Seine Gemälde sind leicht zu erkennen, da gewöhnlich der Fuß einer Figur oder eine Wolke über das Gesimse, oder den Rahmen des Bildnisses hinausragt.
Fresken von ihm sind in den Kirchen zu Wängle, Bichlbach, Elbigenalp etc. Er starb am 4. 3. 1794 an Altersschwäche.
Ein bekannter Schüler des Franz Anton Zeiler war der Kunstmaler Johann Christof Haas. Derselbe war am 27. 12. 1733 in Reutte geboren. Der edel denkende Kaufmann Jakob Mang Ammann ließ ihn auf seine Kosten zur weiteren Ausbildung nach Italien reisen. Nach Ammanns Tode unterstützten ihn die Jungfrauen Johanna und Franziska Strele. Man erkennt in seinen Arbeiten Zeilers Stil. Lobenswert ist sein Kolorit. Von ihm stammen u. a. die Gemälde in der Kapelle im Bad Kreckelmoos. Hier sei aber auch noch anderer berühmter Männer gedacht, welche in Reutte das Licht der Welt erblickten.
Ich meine Emilian Hafner, geboren 1739 als Sohn des damaligen Marktlehrers Johann Georg Hafner und dessen Gattin Barbara Hengg von Mühl. Nach vollendetem Studium trat Emilian zu Füssen ins Benediktinerstift St. Mang, wurde einstimmig zum Prälaten erhoben und zum Präses der schwäbischen Benediktiner-Kongregation gewählt. Nach Aufhebung des Stiftes St. Mang 1803 privatisierte Abt Emilian zu Reutte. Er bewohnte das der Gemeinde gehörige Haus, in dem eine Klasse unserer Schule untergebracht ist, am südwestlichen Ende des Klostergartens und starb am 19. Mai 1832. Seine Gebeine ruhen im Friedhofe zu Breitenwang.
Alphons Hafner, ein Bruder des Emilian, erblickte das Lebenslicht 1742, studierte zu Augsburg und Innsbruck und wurde zum Magister der Philosophie kreiert. Er trat später in das Stift Ettal, und wurde dort Abt. Er starb 1807 in Padua.
Zäziliia Hafner, eine Schwester der beiden Äbte, ging als Organistin ins Franziskanerkloster Säckingen und starb 1788.
Josef Hafner trat als Pater Abraham in den Franziskanerorden und kam als Missionär ins gelobte Land und Ägypten. Er starb 1789 in Lienz.
Auch Jeremias Hafner, geobren 1751 trat zu Schwaz in Franziskanerkloster und starb 1821 zu Bozen.
Josef Maria Hafner wählte nach zurückgelegter Studienbahn das Benediktiner Ordenskleid zu St. Gallen und erhielt in der Folge die ehrenvolle Ernennung zum Generalvikar (Weihebischof) daselbst.
Hilgegard Hafner trat in das Zisterzienserinnen Kloster 'Maria Hof' und ward zur Aebtissin gewählt. Endlich 8. Maria Anna Hafner wollte auch den Schleier nehmen; allein statt des Schleiers ward ihr der Brautkranz zuteil; sie verehelichte sich mit dem Lehrer Alois Schweighofer dahier und starb 1808. Also von den 8 Kindern des Lehrers Joh. Georg Hafner traten 7 ins Kloster und erlangten hievon 3 die äbtliche Würde. Diese Kinder errichteten ihren Eltern ein schönes Grabdenkmal auf dem Friedhofe zu Breitenwang, welches bei der letzten Vergrößerung des Friedhofes leider gestohlen wurde und als Dengelstock Verwendung fand.
Endlich erwähne ich noch den am 16. Juni 1771 in Reutte geborenen Franz Anton Jäger, Doktor der Medizin. Er war nicht nur als Arzt berühmt, sondern besaß auch sonst viele ausgebreitete Kenntnisse, scharfen Verstand und hellen Witz. Gleich einem Anich verfertigte er mit aller Genauigkeit einen Erdglobus, dessen Diameter 2,5 Fuß beträgt. Alles ist von seiner Hand, selbst die Grade am messingenen Hauptmeridiane grub er ein. Dieser Globus befindet sich in der Franziskaner-Bibliothek. Auch einen Himmelsglobus fing er an, konnte ihn aber nicht mehr vollenden, da ihn eine schwere Krankheit hinwegraffte.
Nun zum Schlusse noch einige Erwähnungen aus den letztvergangenen Jahrhunderten, insbesonders soll noch fürstlicher und hochgestellter Personen gedacht werden, welche Reutte besuchten. Mitte Mai 1746 reiste Kardinal Quirini, vom Stifte Kempten kommend, hier vorüber, den man seinem Range gemäß empfing. 1756 wurde die Rietsche (Wasserkanal) durch den Markt gebaut. Bekannt ist, daß Kaiser Josef II. im Gasthause zur Krone bei Johann Paul Teutsch im Obermarkt vom 28. auf den 29. Juli 1777 übernachtete. Josefs Schwester, die Erzherzogin Elisabeth, Aebtissin des adeligen Damenstiftes in Innsbruck, kam öfters hieher.
Den 7. Mai 1782, morgens 10 Uhr, zog der Papst Pius VI. mit großem Gefolge von Füssen kommend, bei günstiger Witterung unter dem Zusammenläuten aller Glocken, der Lösung des groben Geschützes und Paradierung der bürgerlichen Miliz im Markte ein, wo ihn der k. k. bevollmächtigte Hofrat Graf von Sternberg, die Beamten des hiesigen Kreisamtes, die hochw. Geistlichkeit vom ganzen Bezirk und eine Menge Volkes aus allen Gegenden freudenvollst empfingen.
Von der Altane des Falgerschen Hauses, damals Gasthof zur Post, erteilte Seine Heiligkeit den Segen. (An diesen Besuch erinnert heute noch die am Hause (Schöner) angebrachte Tafel.)
Von 1782 - 1784 wurde von der Ulrichsbrücke an der Weg über die sogenannten Steinwände vom Wegmeister Eduard Hirn gebaut, womit man den gefährlichen Stieglerberg bei Pinswang umging. Damals baute auch der Markt auf eigene Kosten die Straße von Reutte bis Roßschläg, die zuvor über Aschau zur Ulrichsbrücke führte.
1783 wurden die Festungswerke bei Ernberg und den Vorwerken anfgelassen und versteigert. Am 19. September 1801 war Sr. kais. Hoheit Erzherzog Johann hier. Er besuchte auch den Schießstand, zeichnete eigenhändig seinen Namen in das Matrikelbuch und geruhte die Oberschützenmeister-Würde lebenslänglich huldreichst
anzunehmen. Auch der Generalissimus der österreich. Armee, Erzherzog Karl reiste um diese Zeit hier durch.
Der Friede zu Preßburg verleibte Tirol 1806 der neuen bayr. Königskrone ein. Dem verdankte Reutte das kräftige Aufblühen des Kornmarktes und reichlichen Absatz von Gips. Nachdem 1809 Oesterreich den Franzosen den Krieg erklärte, schlossen sich mit Tirol auch Ernbergs Untertanen an Oesterreich an. Am 9. August nachmittags kam der württenbergische Major Obernitz mit 120 Mann nach Reutte. Abends kam es beim Kornmarkte zu einem Gefechte, wobei der Major, der vom Strelischen Hause herab kommandierte, erschossen wurde.
Die württenberg'schen Soldaten ergaben sich hierauf gefangen und wurden des anderen Morgens über den Fern transportiert. Am 24. 10. feierten die Franzosen den Friedensschluß.
Da man aber hier an solchen nicht glauben wollte, störte man sie in ihrer Freude. Sie aber trieben die Tiroler Landesverteidiger voll Ernstes an den Kratzer zurück und ließen das 'Weißhaus' in Flammen auflodern. Am 11. Mai 1814 zog Maria Luise, Kaiserin von Frankreich mit ihrem dreijährigen Sohne Franz, Herzog von Reichsstadt in Reutte ein und übernachtete hier auf der Post. Am 1. Juli 1814 wurde Tirol wieder mit Oesterreich vereinigt. Um dieses Ereignis zu verewigen, setzte man unter die Linde, versehen mit steinernem Postamente ein einfaches Denkmal mit der sinnvollen Inschrift: „Dem allgeliebten Kaiser Franz schenken Ernbergs Kinder ihr treues Herz". An der Seite war der doppelte Kaiser- und der einfache Tiroler Adler angebracht. Die steinerne Tafel wurde vor einigen Jahrzehnten durch Zementverputz verdeckt.
1817 herrschte große Teuerung; eine Maus wurde mit einem Kronentaler bezahlt. Nur noch etwas in Kürze über die Gebäude im heutigen Reutte. Die alten Patrizier von Reutte hatten ihre ursprünglichen Wohnungen im Untermarkte. Die Häuser der Familien Strele, Falger und Ammann waren groß, hatten lange, breite Hausgänge, kurz, sie waren im innern sehr komfortabel, beguem eingerichtet und im Aeußern mit Fresken geschmückt. Solche Häuser waren: das heutige Grabherrhaus, (die Freskogemälde desselben wurden vor einigen Jahren durch den Historienmaler Kluibenschädel blos gelegt), dann das Tauscher—Haus und die großen Häuser in der Schmiedgasse. Diese Häuser tragen sichtlich unter der Kalktünche Freskoschmuck. Hoffentlich kommt bald die Zeit, in der auch diese alten Gemälde wieder ans Tageslicht befördert werden.
Franz Anton Zeiler bewohnte das sogenannte 'schöne Haus' neben dem Grabherrhaus. Er hat dasselbe auch selbst mit den herrlichen Fresken geschmückt. Beim Kreuzwirt, heutiges Mayerhaus, stand ein Zollbaum und wurde dort der Pflasterzoll eingehoben.