Halbwegs auf der Strecke zwischen Enge und Grän, steht etwas abseits vom Wege die kleine Michaelskapelle, deren Decke eine sehenswerte Stuckverzierung schmückt. Die Kapelle wird schon 1695 erwähnt und besitzt Meßlizenz, d. h. die Erlaubnis zum Messe lesen. Am dritten Bittage in der Himmelfahrtswoche, sowie am 29. Sept, findet von Grän aus ein Kreuzgang hieher statt. Im Volksmunde wird sie "Engemer Kapelle" genannt, was auf walsertalerischen Einfluß hinzudeuten scheint, deren mehrere in früheren Zeiten in Enge und Lumberg säßhaft geworden sind. Bei dieser Kapelle läßt sich ein Echo wahrnehmen. In der Nähe derselben zieht sich am Südabhange des Rappenschrofen eine, im untern Teile stark versumpfte Vorsäßweide hin. In dieser stand eine Hirtenhütte und daneben stand ein hölzerner Brunnentrog zur Tränke für das Galtvieh. Unweit dieser Weide führt ein Feldweg zur Fraktion Innergschwend hin, der ebenfalls zum Teil durch stark versumpftes Gelände sich hinzieht. Nach dem Aveläuten soll es auf dieser Wegstrecke nicht mehr recht geheuer sein. Zu wiederholtenmalen konnte man in der Nacht in dieser unheimlichen Gegend Lichter erblicken und hörte sogar im nahen Walde von einer Geisterhand herrührende Axthiebe. Ganz besonders gefürchtet war aber die unmittelbare Umgebung der im Waldesgrunde stehenden Hirtenhütte, wo manchmal eine schwarze Gestalt sich zeigte,
die nach der Kapelle hindeutete und dabei unverständliche Worte vor sich hin murmelte. Als einst ein Engemer in mutiger Stimmung in vorgerückter Nachtstunde an dieser Stelle, von Tannheim kommend, vorbeikam, vermaß er sich den am Brunnenrande bei einem Lichte sitzenden Geist "auszuäntern" (nachzuäffen). Da hilderte (schallte) es ihm aber von der Kapelle derart entsetzlich entgegen, daß er vor Schreck fast zu Boden fiel. In Schweiß gebadet kam er nachhause, wo er, noch am ganzen Leibe zitternd, sein Erlebnis den erstaunten Zuhörern erzählt haben soll.