im Reuttener Becken
Die Bezeichnung 'im Reuttener Becken' wäre bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts nicht zutreffend gewesen. Reutte war zu diesem Zeitpunkt noch ein kleines Dorf - eine wenig bedeutsame Ansiedlung westlich von Breitenwang, dem eigentlichen ehemaligen Zentrum der Region. Die Wende brachte 1464 der Bau der Brücke von Reutte aus über den Lech nach 'der Aschau' (wie Lechaschau früher genannt wurde). In den Jahren zuvor diente eine Furt bei Ehenbichl als Übergang in die heute noch als 'Platten' bezeichnete Örtlichkeit bei Höfen.

Zog also zuvor die Straße vom nördlichen Fuße des Katzenberges gegen Westen nach Ehenbichl, wurde deren Verlauf ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung des Brückenbaues abgeändert. Von der Katzenmühle gegen Norden, am Sintwag vorbei grob in Richtung des Wolfsberges - einem Felsrücken am Lauf des Lechs und dem direkt unterhalb gelegenen Dorfkern von Reutte.
Reutte
Bereits sieben Jahre nach dem Bau der Lechbrücke erhält Reutte den Status einer 'Rodstation' und schon 1489 verleiht Erzherzog
Sigmund 'der Münzreiche' dem Ort das Marktrecht. Im Laufe des Aufstiegs des Marktfleckens zum zentralen Umschlagplatz des Haller Salzes wurden im Ortsgebiet je zwei Salzstädel und Pallhäuser (1494) errichtet. Ein solcher Salzstadel befand sich im Obermarkt (Kreuzung Ehrenbergstraße, Innsbrucker Straße und Kaiser-Lothar-Straße). Im Untermarkt befand sich jener am Zeillerplatz, von welchem der historische Straßenzug - nördlich des Wolfsberges - über das "Gstoag" zum Lech und der Brücke hinabführt.
In einem Schreiben vom 7. Juni 1494 bekundet König Maximilian, dass die Wochen- und Jahrmärkte in Reutte zur vollsten Zufriedenheit ablaufen und auch ein Kornhaus sowie offene "Marktstätt" in Mittelreutte sich befinden. Für Unterreutte wird ein Salzstadel erwähnt. Damit aber die Bürger und Untertanen zu Oberreutte und der Kög (Kay) ebenfalls etwas davon haben, wird ihnen mit dem Schriftstück verbrieft, dass die Niederlage und Rod, welche herein oder außer Landes geht, künftig bei ihnen sein soll. Nur das erforderliche Ballhaus müssten sie auf eigene Rechnung errichten.
Am 13. November 1612 erlässt der Ehrenberger Pfleger Burkhard Laymann eine neue Rodordnung, welche besagt, dass das Salz im Markt Reutte abzuladen und zu fertigen (abfertigen) ist. Die Gerichtsobrigkeit verordnet für den Lebensunterhalt in den Pfarren Breitenwang und Aschau, dass zwar das Salz im Salzstadel zu Reutte und in keinen anderen Häusern abzuladen und vom Faktor unverzüglich nach Vils, Weißenbach oder Füssen weiterzuleiten ist, ohne die Fässer zu beschädigen, doch sollen die Fuhrleute der beiden Pfarren jedes dritte Fass und Reutte die anderen Fässer transportieren. Nur wenn sie die Menge der Fässer selbst nicht schaffen, dürfen andere Gerichtsleute Salz laden. Beschädigte Fässer und Panzen dürfen erst nach Anzeige an den Faktor geladen werden. Mehr als eine Fahrt je Tag darf kein Fuhrmann durchführen.
Mit dem Bau der Arlbergstrasse und später auch der Arlbergbahn verlor Reutte als Umschlagplatz für das Haller Salz abrupt an Bedeutung und sah sich schon kurze Zeit darauf in wirtschaftlichen Nöten, welche auch der vermehrt aufgenommene Abbau von Gips nur unzureichend zu kompensieren vermochte. Erst mit der Eröffnung anderer Produktionsbetriebe, wie etwa der Baumwollspinnerei und -weberei konnte das wirtschaftliche Vakuum weitgehend ausgeglichen werden.
Aus: Das Inland, Tagblatt für das öffentliche Leben in Deutschland vom 24. Juli 1830
"...die von Reutte über Weissenbach, Nesselwängle, das sogenannte Joch, dann über Sonthofen, Immenstadt und Weiler nach Lindau führende Straße besteht seit Jahrhunderten, und war bis zur Herstellung der Straße über den Adlerberg die einzige, auf welcher die von dem adriatischen Meere nach Lindau und Basel gehenden Handelsgüter verführt wurden.
Durch die Wiederabtretung Vorarlbergs an den österreichischen Staat wurde aber die frühere Straßenverbindung zwischen Weiler und Lindau zerrissen, und das Fuhrwerk genöthigt, zur Umgehung des österreichischen Gebietes einen Umweg zu machen, dessen nachtheilige Rückwirkung auf den Transithandel mit jedem Jahre fühlbarer wurde..."
In einer Urkunde von 1847 wird der sogenannte Raazwald im Rotlechtal noch als Eigentum der Salinen genannt. Im Februar 1853 wird der Salzstadel im Obermarkt dann aber zum Kauf angeboten. Der größere Teil des Baus war zu dem Zeitpunkt jedoch schon abgerissen worden und der Grund in einen Krautgarten umgewandelt.
Wängle
Einen kleinen Teil der früheren großen Salztransporte durch das Außerfern trugen offenbar Saumpferde in der schneefreien Zeit von Wängle über das Tiefjoch zum Salzstadel nach Nesselwängle. In Wängle gab es dafür ein eigenes Haus mit Stall und Ausschank.
aus: Außerferner Nachrichten, 25. Sep. 1954 (Erich Günther)
"...das war ein Saumweg, rauh, steinig, steil und mit dem Aufstieg von Reutte über die 1660 m hohe Schneetalalpe hinab nach Nesselwängle. Denn der tiefe, unwegsame Gachtpaß wurde wegen seiner Gefährlichkeit gemieden..."


zwischen Lechaschau und Weißenbach
Nach dem Brückenbau leitete der Straßenzug durch Lechaschau und über Höfen und dem Ortsteil Hornberg vorüber am sogenannten Gächtle, einer Engstelle am von der Gundenspitze vorspringenden Ostrücken gegen den Lech. Der alte Verlauf der Bundesstraße dürfte dabei zu großen Teilen Deckungsgleich mit der historischen Route sein. Weiter unter den senkrechten Felswänden des Schwarzenbergs (heute als Steinbruch genutzt) hindurch und durch Wald und entlang der Weißenbacher Weideflächen an den am Lech gelegenen Ort am Fuße des Gaichtpass.
Der Verlauf der Salzstraße in und um Weißenbach scheint sich im Laufe der Zeit teilweise geändert zu haben. Die in Weißenbach tätigen Handwerker und Schankbetriebe wollten einer Wegbegradigung zunächst entgegenwirken. Letztlich scheint sich die Umgehung des Orts dennoch durchgesetzt zu haben. Nach archäologischen Befunden zog die Trasse ab dem Steinwanderhof gegen Nordwest und nördlich vom Hottershof an der Hangkante entlang durch die Flur zum Schäfflershof. Bei der Engstelle mit dem sogenannten Flurnamen 'Rotes Kreuz' dürften sich noch bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts Fahrrillen in einer anstoßenden Felsplatte befunden haben, welche dem Anschein nach bei Straßensanierungsmaßnahmen verloren gingen.
...die Straße zieht bald an malerischen Gehöften vorüber, bald biegt sie um vorspringende Felsenecken an denen unten der Lech sich schäumend bricht, oder sie zieht an langen öden Felsenwänden hin...
aus dem "Handbuch für Reisende im Algäu, Lechthal und Bregenzerwald" von Joseph Buck (1856)
In Weißenbach stand ein sogenannter Wetterstadel. Häufig machte die Witterung eine Weiterfahrt über den Pass unmöglich und so wurden die Fuhrwerke mit den Handelsgütern in diesem Bau abgestellt, bis eine Wetterbesserung eintrat oder die Schäden an der Straße für eine Weiterfahrt behoben wurden.
Eisenerzabbau bei Weißenbach
In jüngster Vergangenheit wurden die Erzstollen bei Untergaicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dabei steht auf einer Infotafel geschrieben: 'Zur Zeit der Salztransporte von Hall über den Fernpass nach Reutte und durch das Tannheimer Tal nach Lindau wurden die Pferdefuhrwerke bei Ehenbichl per Floß auf die gegenüberliegende Seite nach Höfen überführt. Am Ortseingang von Weißenbach betrieb der alteingesessene Huf- und Nagelschmied Zitt eine Schmiede, in welcher die Pferde neu beschlagen werden konnten.\r\nDas Rohmaterial dafür wurde aus diesem Stollen und etwas unterhalb sogar frei abgebaut, danach an Ort und Stelle verarbeitet.'
der alte Ga(i)chtpass
Vom Weißenbacher Ortskern leitet ein Zubringer bis zu der Engstelle nordwestlich des Schäfflershof. Stets hart an der Kante des ansteigenden Geländes im Bogen unter dem Ölberg hindurch erreicht der Altweg die um 1714 erbaute Wegkapelle Mariahilf. Diese markiert den Beginn des Anstieges am alten Gachtpass. Rund zweihundert Meter nach Beginn der Steigung sind heute noch die Grundmauern des alten 'Gasthaus zur Gacht' erkennbar, welches in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtet wurde. 1926 vernichtete ein Feuer die Schankwirtschaft.


Bald gelangt man in den Grund des Gemstobels, an dessen Engstelle 1632 ein Sperrwerk errichtet wurde. Hier stieg einst der Vorläufer der Salzstraße sehr steil als Saumpfad gegen Norden an. Da diese Route für die immer größer und schwerer werdenden Salzladungen nicht mehr zu bewältigen war, wurde - nachdem Kaiser Ferdinand I. 1531 noch die letzten Rechte im Tannheimer Tal von den Montforter Grafen abgekauft hatte - 1540 mit einer Neutrassierung als Fahrstraße begonnen. Die Fertigstellung dieses Bauprojektes erfolgte 1550. Davon zeugt heute noch das alte Steinfundament der ersten Rundbogenbrücke in den steilen Felsrinnen.
Textpassage aus dem Werk 'Das Tannheimer Thal' von Dr. August Kübler (1898)
"...sie zuletzt nur einer Kapelle spärlichen Raum gewähren, die ihren Ursprung dem frommen Sinne der Fuhrleute verflossener Jahrhunderte verdankt und wohl auch den bangen Gefühlen, mit denen sie den Schrecknissen der Gacht sich nahten. So heisst nämlich die Passstrasse, welche eben bei diesem Kirchlein einen scharfen Anstieg nimmt, um nach vier Minuten beim Gachtwirtshause etwas sanfter nach rechts abzubiegen...
...auf der andern (rechten) Seite blicken wir in das enge, steinerfüllte Gemsthal hinauf, wo sich unschwer die Spuren eines alten Saumweges erkennen lassen. Wer aber die Bequemlichkeit liebt, der verzichte darauf, dieselben zu verfolgen..."
aus Geschichte des Allgäus, Ludwig Baumann (1883)
"...1518 öffnete Österreich die Gachtstraße nur seinen Unterthanen und verbot sie denen des Bischofs von Augsburg, der Herrschaft Trauchburg und der Stadt Kempten..."
Tirol und Vorarlberg; Johann Jakob Staffler (1841)
"...in das Thal Thannheim gegen Nordwest. Diese Strasse führt auf die Gacht, auch Goicht genannt, einen Weiler mit 11 H. Sie steigt an der Mariahilf-Kapelle vorbei, immer steil aufwärts, grauenhafte Felswände durchbrechend, und erreicht eine Steigung, die an der s. g. Absätze 12" auf eine Klafter beträgt. Dort stand zur Sperrung dieses Engpasses das Fort an der Gacht auf einem über den tobenden Weißenbach hinausragenden Felsenkopf... [...] ...die einst so festen Gebäude liegen nun im Schutte, wie die andern Werke dieses Gerichtsbezirkes. Nur die Wohnungen innerhalb des Thores haben sich noch erhalten. Sie sind jetzt für die Bedürfnisse eines Wirthshauses eingerichtet. Ober der Gacht wölbt sich die hohe Brücke über eine 72" breite Schlucht durch Stützmauern in einer Höhe von 65" gesichert. Alle diese Eigenthümlichkeiten geben dem Gachtpasse einen furchtbaren Charakter, ausgezeichnet durch einzelne Züge erhabener Größe und Schönheit..."
aus: Der Bote von Tyrol (1826); Magnus Beyrer
"...in Weißenbach, einem Dorfe am Eingange des Lechthales, theilt sich die Straße. Einer ihrer Arme leitet südwestlich in das erwähnte Thal, der andere führet nordwestlich zwischen sehr hohem, schroffem Gestein durch ein wildes und unfruchtbares Thal an der rechten Seite des Gebirges, die Gacht genannt. In der finsteren Tiefe toset ein Wildbach dem Lechflusse zu. Hart an der Straße schichten sich in hangenden Massen, den Einsturz drohend, die Felsenlasten himmelan, und der Wanderer steigt mit Schauer, wenn er zur rechten Seite die jähen Steinwände betrachtet, und mit Grausen, wenn er einen Blick nach der brausenden Tiefe wendet, den steilgebahnten Weg hinauf. Es ist, als gälte es, die erste furchtbare Schutzwehr zu durchdringen, die die Natur, das Alpenland bewahrend, um das Herz ihres Lieblings-Landes gebauet hat. Mit Ehrfurcht und staunender Bewunderung führt sie den Fremden in unsere starke Heimath ein, und lehret ihn die Thäler heilig achten, um welche sie ihren schöpferischen Riesenarm schlang. Groß und unbezwingbar muß ihm das Volk erscheinen, daß innerhalb dieser unerschütterlichen Mauern seine Hütten hat..."
Aus: 'Die südwestbayerische Schweiz, oder das Algäu im Allgemeinen und ein Theil von Sonthofen insbesondere' - Johannes Gistel (1857)
"...dem ehemaligen Fort Gacht oder Paß Gacht.
Dieses Fort, nun geschliffen, ruhte auf einem Felsen, der über den Fluß sich hinneigt. Es bestand aus einer bekleideten, und am Eingange geschlossenen Schanze, die sich links mittels zweier großen Mauern, durch welche die Straße führte, an das Gebirg anlehnte. In den Mauern waren einige Wohnungen angebracht, worin sich die Besatzung halten mochte..."


"...machte ich mich auf und gelangte bald in die jähe Schlucht, durch welche sich die Straße mit dem Fluß gegen Weißenbach und den Lech hinabsenkt. Da sieht man zur Linken das brüchige Gestein wie Weinbergterrassen abgestaffelt zum Schutz der Straße, damit das lockere Gestein nicht von Gewitterregen auf dieselbe hinabgeschwemmt werde. Oft sieht man in dem vom Fluß durchtobten Tobel hinab und auf die Holzknechte, die das zu flößende Holz mit Stangen von Felsenhemmnissen frei machen, aber auch in die Ferne und auf die blauen Wälle des Lechtales. Auf erhabenen Felsblöcken über dem Wasserabgrund hängt der bleiche blutende Christ; Maikäfer schwirren um die eben sich entfaltenden Blätter des Vogelbeerbaums, die Männer rufen aus der Tiefe, den Lärm des Wassers überhallend. Nach diesen Bildern kamen die breiten Kiesauen des Lechs, die Straße erreichte das breite Flusstal, in welchem das ärmliche Dörflein Weißenbach liegt, die erste Post, wenn man von Reutte dem Fluss aufwärts entgegengeht..."
Das Österreichische Seenbuch; Heinrich Noë (1867)
Nach Überwindung der Tobel und Brücken führte die Straße über das sogenannte Krumme Ried - eine Ebene mit kleinem
Pestfriedhof - steil hinauf zu dem Wegkreuz an der sogenannten "A´sötze"
(die Fuhrleute "setzen hier ab", um zu bremsen oder den Radschuh unterzulegen) am Eingang in das Tannheimer Tal, bei dem politisch noch zu Weißenbach gehörenden Weiler Gaicht.
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Tannheimer Tal
von Gaicht nach Nesselwängle
In Gaicht - zu Weißenbach gehörend aber geografisch schon im Tannheimer Tal gelegen - wird an einer Tafel auf das "Älteste Haus des Tannheimer Tals" und einen Salzstadel aus dem 12. Jahrhundert hingewiesen. Jedoch sind beide Behauptungen nicht historisch belegt und erscheinen übertrieben.
Der weitere Verlauf der Strecke zwischen Gaicht und Nesselwängle ist eher unklar. Es erscheint auf den ersten Blick eher unwahrscheinlich, dass der Straßenzug ursprünglich wieder in die Talniederung zu der Stegmühle hinab geleitet wurde um dann entlang der Strecke zweimal den Warpsbach zu überqueren ehe man in Nesselwängle ankam. Eine Trasse östlich des Baches, dem heutigen Forst- und Radweg folgend über das sogenannte 'Ebele' erscheint plausibler - was letztlich auch durch die archäologisch nachgewiesene alte Straßentrasse etwa 100 Meter nordöstlich der heutigen Einfahrt Nesselwängle/Ost untermauert wird. Dieser Altweg trifft rund 200 Meter vor Ortseingang auf den Verlauf der alten Bundesstraße.


In Nesselwängle entstand nach der Neutrassierung von 1550 ein Salzstadel und der Sitz einer Salzfaktorei. Zu Spitzenzeiten standen allein hier 80 Pferde für den Vorspann zur Verfügung. Bis 1674 befand sich im Ort auch eine Zollstelle, welche in genanntem Jahr allerdings an das Sperrwerk am Gaichtpass hinab verlegt wurde.
die Straße(n) zwischen Nesselwängle und Tannheim
Von Nesselwängle aus gelangt man am Gessenbach am sogenannten 'Buck' zu der Wasserscheide des Tals - wobei das Tannheimer Tal im eigentlichen Sinn gar kein Tal ist, vielmehr kann es als eine langgezogene Passlandschaft betrachtet werden. Vorausblickend schließt der Haldensee die gesamte Talenge ab. Nur wenige Häuser des Nesselwängler Weilers Haller ducken sich am steilen, bewaldeten Abhang. Ein schmaler Straßenstreifen am nördlichen Ufer des Sees leitet zu dem Gräner Weiler Haldensee auf der Westseite des Sees.



Für den Weiterweg bis Tannheim boten sich vermutlich zwei Varianten an. Die erste, direkt gegen Westen laufende Straße über die sogenannte 'Heaché' (Anhöhe) und als zweite Variante - wenn an der schattigen Heaché noch der Schnee lag - der Straßenzug über Grän nach Innergschwend und im Anschluss nach Tannheim.

von Tannheim bis nach Oberjoch
Den Ort Tannheim gegen Westen verlassend, durch Kienzen und über die Zöbler Felder bis in die kleine Ansiedlung am Fuße der Halde - Zöblen. Auch hier teilten sich die Straßenstränge auf - einer folgte etwa dem Verlauf der heutigen Bundesstraße über Katzensteig nach Schattwald bis nach Steig, der andere passierte Kappl und gelangte nach Steig. Ab hier galt es wieder eine ordentliche Steigung bis an den Scheitelpunkt am Oberjoch - den mit 1201 m.ü.d.M. höchsten Punkt der gesamten Salzstraße - zu bewältigen.





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Allgäu
vom Oberjoch den Jochpass hinab nach Hindelang
Nachdem das Oberjoch erreicht war, ging es anderseits über den Jochpass steil hinab. Genauso wie das bergauf fahren, hatte auch das Fahren bergab seine Tücken. Speziell die schweren Salzwagen bargen ein hohes Risiko, an der steilen Abfahrtsstrecke außer Kontrolle zu geraten. Oft wurden deshalb schwere Frachtgegenstände in Oberjoch zurückgelassen, weshalb zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Salzstadel in dem Ort am oberen Ende der Passstraße errichtet wurde.
Bald nachdem man das Dorf Oberjoch verlassen hat, gelangt man an die von den Rodleuten errichtete Kapelle 'Beim Bild' um vor der gefährlichen Abfahrt noch einmal Gottes Beistand zu erbitten. Das Gefälle steigert sich sodann nochmals und über eine kurvenreiche Strecke erreicht man die sogenannte
Wacht - diese Zollstelle wurde von den Herren von Montfort an der Grenze zu ihrem Herrschaftsgebiet errichtet.
Weiter unterhalb der Wacht legt sich das Gelände wieder etwas zurück. Vermutlich hatte es im mittleren Bereich der Passstraße einige Ausweichtrassen gegeben um nötigenfalls dem Gegenverkehr ausweichen zu können. Verschiedene wie Hohlwege anmutende Gräben lassen dies zumindest vermuten. Auch wenig oberhalb von Hindelang scheint es noch einmal mindestens zwei Fahrbahnen gegeben zu haben, was jedoch aufgrund der Überbauung nicht mehr zweifelsfrei zu sagen ist.
Mit Hindelang im Ostrachtal ist auch die nächste Rodstation erreicht. Für die Abwicklung war wie in anderen Rodstationsorten der Salzfaktor zuständig. Der hatte seinen Sitz im sogenannten Dreikugelhaus, welches im Franzosenkrieg vom Jochberg aus von den Österreichern beschossen und eben mit jenen drei Kugeln getroffen wurde.




durch das Ostrachtal ins Tal der Iller und nach Immenstadt
Über Vorderhindelang geht es weiter in Richtung Reckenberg. An der Weggabelung in Richtung Riedle befindet sich noch ein alter Zeuge des Rodfuhrwesens - der Grenzstein "Äußeres Drittel", welcher den Wegabschnitt vom Hindelanger Salzstadel markiert.
Infotafel beim Grenzstein 'Äußeres Drittel'
"Von genanntem Stein an sind die Rodleute der äußeren Pfarreien angehalten und gegen Strafe gedungen, bis zur Rieder Zollbrücke wohl die Straße, nicht aber die Brücken zu unterhalten..."
Weiter über Staig, führt die Trasse hinab und vorüber an der
Burgruine Fluhenstein. Durch Berghofen und weiter nach
Burgberg, wo zur Zeit der Salzfuhren das untere Tor am Burgweg passiert werden musste.



Das Goimoos bei Agathazell nördlich über Greggenhofen umfahrend, gelangte dieser Straßenstrang westlich, entlang dem Höhenzug über Raulaubenberg zu der Unterzollbrücke bei Laubenbergstein.
1494 verlegte man, um die Zollabgaben an die Bischöfe von Augsburg zu umgehen, die Strecke weiter gegen Süden, wobei man fortan über Liebenstein die Steigung hinauf nach Imberg hinter sich bringen musste. Von dort hinab nach Binswangen, Sonthofen und schließlich Rieden an der Iller, zu der durch Graf Hug von Montfort neu errichteten Oberzollbrücke. Westlich der Iller gelangt man letztlich über Bihlerdorf und Blaichach nach Immenstadt.
Immenstadt war mit den Burgen
Hugofels und Rot(h)enfels ab 1332 der Herrschaftssitz der Montforter. Ab 1360 erlangte das vormalige Immendorf das Stadtrecht. Die Salztransporte sorgten neben zahlreichen anderen Handelsgütern in Immenstadt für eine erfreuliche, wirtschaftliche Entwicklung. Als Salzrodstation hatte es das Niederlagsrecht inne, welches wiederum von einem Salzfaktor verwaltet wurde.
1544 wird ein Salzstadel genannt und 1560 schließlich vom Bau eines neuen Salzstadels berichtet - ganze 48 Meter lang und 12 Meter breit.
Konstanzer Tal
1360 findet sich in Dokumenten ein Beleg für das Interesse an der steten Befahrbarkeit der Strecke durch das Konstanzer Tal durch die Obrigkeit. Ihre größte Bedeutung erlangte diese Straße nach dem Ausbau der Jochstraße. Die vorwiegend als Salzstraße genutzte Strecke diente aber auch als Handelsroute zwischen Tirol und dem Bodenseeraum für andere Güter wie Wein, Getreide, Leinen oder etwa Holz.

zum Hahnschenkelpass
Aus dem Konstanzer Tal ansteigend verläuft die Strecke der ehemaligen Salzstraße ab Knechtenhofen über Buflings in Richtung
Hahnschenkelpass hinauf. Bei den Fuhrleuten berüchtigt, rang er diesen bei seiner Überwindung doch alles ab. Mensch und Tier war gefordert und immer wieder auch der göttliche Beistand gefragt. Noch heute zieren Votivgaben in Form von Hufeisen die Sakristeitüre der
Stephanskapelle in Genhofen, welche direkt an der Salzroute und unweit der gefürchteten Passhöhe gelegen ist.
Gerade die Innenausstattung der Kapelle ist bemerkenswert. Symbolreich entführt sie in die Zeit ab dem 15. Jahrhundert, jedoch ohne den Sinn und Zweck der meisten Zeichen deuten zu können. Was jedoch sofort ins Auge springt, sind die vielen Darstellungen des Wappens des Adelsgeschlechts der Montforter. Die meist in 'der Nähe' der Wappen stehenden Jahreszahlen dürften somit wohl mit Ereignissen das Herrscherhaus betreffend in Verbindung gebracht werden.



Simmerberg - die letzte Rodstation vor Lindau
Über Burkatshofen in stetem Gefälle hinab nach Simmerberg - der letzten Rodstation vor erreichen der Bodenseestadt Lindau. Simmerberg gelangte 1523 aus dem Montforter Besitz an das Haus Habsburg. Der Simmerberger Vorgängerbau des Salzstadels wurde im Laufe des Dreißigjährigen Krieges niedergebrannt. 1639 wurde auf den Grundmauern der vormaligen Burg Simmerberg der neue Salzstadel errichtet. Raich bemerkt 1930 dazu:
"...von Simmerberg, wo um das Jahr 1639 ein neuer Salzstadel, und zwar auf den Resten der dortigen Burg erbaut wurde...".
Wie erfolgreich ein Salzfaktor bei entsprechender Geschäftstüchtigkeit trotz widrigster Umstände sein konnte, belegt eben jener von Simmerberg zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs recht anschaulich - Matthias Ruepp lässt nicht nur den zuvor erwähnten Salzstadel mitsamt Gastwirtschaft zu Simmerberg neu errichten, er stiftet - vermutlich aufgrund eines Gelöbnisses zur Pestzeit - auch den Altar für die Sebastianskapelle im Nachbarort Weiler [
1].
von Simmerberg nach Lindau
Von Simmerberg führte die letzte Etappe hinab nach Weiler, jener Marktgemeinde, mit welcher sie sich 1968 zusammenschloss. Weiler selbst wurde 872 erstmals in einer Urkunde des Klosters St. Gallen erwähnt. 1571 wird es an das Haus Österreich verkauft, wo es bis 1814 als Gerichtssitz jener Region mit dem Namen 'Außervorarlberg' verbleibt und erst später als das Westallgäu erscheint. Bis 1766 gilt die Strecke über Scheidegg als die übliche Route der 'Oberen Tiroler Salzstraße', oder zu jener Zeit auch einfach als 'Tirolerstraße' benannt. Mit Fertigstellung einer neuen Straße in genanntem Jahr, ändert sich der Verlauf ab Weiler über Siebers, Langen, Fluh und dem Gebhardsberg hinab nach Bregenz, geplant von dem erzherzoglichen Ingenieur Elias Gumpp.
Aber wieder zurück zur alten Trasse - in mäßigem Auf und Ab ab Weiler hinauf nach Kapfreute, über Böserscheidegg und Scheidegg nach Weienried (österreichisch) zum letzten schwierigen Abschnitt - dem Rucksteig (Ruckensteig, Ruggsteig). Von Ruckensteig am Pfänderstock annähernd 300 Höhenmeter hinab nach Hub und Leutenhofen (hier befand sich eine Haupt-Zollstation). Nach einem Bericht des Zollers Balthasar Mayer von Leutenhofen aus dem Jahr 1692 war die Strecke
"absonderlich aber in der Ruggsteig wegen der Klippen und Felsen so eng eingeschränkt, daß Kutschen und andere große Lastfuhren nur mit übler Verhinderung und Gefahr alldorten verkehren können." Trotzdem, und selbst unter herrschaftlichen Verboten, blieb die Strecke über den Ruggsteig bei den Rodfuhrleuten die beliebteste Variante [
2].
Von Leutenhofen schließlich über Hörbranz nach
Bregenz und/oder Bäumle oder
Lindau. In den jeweiligen Häfen verlud man die Fracht auf Lastschiffe, die sogenannten
Lädinen (älter 'Ledinen'), um sie über den Bodensee zu ihren Anschlusshäfen, oder auf dem Landweg weiter das Rheintal hinauf in die Gebiete der Nordost-Schweiz zu befördern.



Einzelnachweise
1.
Westallgäuer Heimatblätter - 1999/025
2.
Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung - 1930 (Bregenzer Straßenpolitik im 17. und 18. Jahrhundert; Michael Raich)