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Vom Brauchtum in ganz alten Tagen


Wie so oft frage ich mich, wie die Menschen in früheren Zeiten fühlten und dachten, welche Anschauungen sie hatten und wie sie mit den Themen des alltäglichen Lebens und darüber hinaus mit schwierigen Situationen und Krisen umgingen.

Viehseuchen




Im westlichen Tannheimer Tal - zumindest wird es für diesen Bereich dargestellt - grassierten in den Jahren 1696 und 1703 bis 1707 immer wieder 'schröckliche' Viehseuchen.

Im 19. Jahrhundert fasst der deutsche Germanist und Volkskundler Jahn Ulrich in seinem Werk 'Die deutschen Opfergebräuche bei Ackerbau und Viehzucht' das Geschehen älterer Zeit folgendermaßen zusammen:
"...man denkt sich die alles grausam dahinraffende Krankheit personificiert als ein grauenhaftes Spukgespenst, dessen Nahen allem Gethier Tod und Verderben bringt. In Süddeutschland ist diese Personification unter dem Namen Viehschelm bekannt, und Schauriges wissen die Leute z.B. im Lechrain von ihm zu erzählen: 'Er ist ein Stier, aber nur zur vorderen Hälfte leibig, in der Mitte geht er aus und schlenzt die leere Haut hintnach. Wenn er sich zeigt, dann entsteht eine Sucht unter dem Vieh, und kommt ein grosses Sterben über dasselbige..."

Ein wenig erinnert die Beschreibung dieses Spukgespensts an einen aus der griechischen Mythologie bekannten Ophiotauros und man ist geneigt sich zu fragen, ob diese Übereinstimmung möglicherweise einen Hinweis auf eine uralte Überlieferung geben könnte?

Jahn Ulrich führt weiter aus: "als einst [...] eine arge Viehseuche ausbrach, rieth ein altes Weib, [...] den Hummel (Zuchtstier) lebendig einzugraben, dann werde die Seuche aufhören. Der Stier wurde mit Blumen bekränzt und im feierlichen Zuge, das alte Weib an der Spitze, zur tiefen Grube gebracht..."

Zwar wurde in dem eingangs erwähnten Seuchenfall kein Tier lebendig begragen, dennoch ähneln sich die Vorgänge, wenn man in der Gräner Kirche zum hl. Wendelin unterhalb der bildlichen Darstellung eines Prozessionszuges samt mitgeführter Kuh liest: "Dankbare Erinnerung an die wunderbare Befreiung von der in den Jahren 1703 bis 1707 im angrenzenden Auslande grassierenden schrecklichen Viehseuche, welche auch schon bei uns Spuken will. Durch die Verlobung zum hl. St. Wendelin war schon die drohende Gefahr hin. Der Kreuzgang der ganzen Pfarrei brachte ein lebendes Opfer aus dem Mittleren Drittel herbei, eine Kuh dem heiligen Hirten Wendelin. Gott sei Lob und Ehr und Dank für seinen Segen. Denn an diesem ist alles gelegen."

Die heidnischen Gebräuche aus grauer Vorzeit wurden zu dieser Zeit also noch immer gelebt...


Schützengilde Reutte
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Auerberg
Auerberg, schwäbische Rigi, Urberg


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