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600-Jahr-Feier Stadt Vils (1927)
Vils begeht am 10. und 11. September die 600-Jahr-Feier zur Stadterhebung. Die Vorbereitungen zu der Festivität werden mit und unter der Leitung von Ignaz Dengel vorangetrieben
aus: Innsbrucker Nachrichten, 12. September 1927
"...Wenn man die außerhalb der geschlossenen Siedlung stehende Zementfabrik außeracht läßt und von der geschlossenen Bauweise im Mittelpunkte des Ortes absieht, gewinnt man bei Betrachtung des Städtchens den Eindruck, daß man es mit irgend einem Tiroler Bauerndorfe zu tun hätte: man findet keinen Anhaltspunkt für die Vermutung eines städtischen Gemeinwesens...
...Was die Geschichte von Vils besonders merkwürdig macht, ist der Umstand, daß sich die Siedlung seit Verleihung des Stadtrechtes durch Jahrhunderte gar nicht vergrößert und in ihrem inneren Charakter auch nicht verändert hat, wenn auch ihr äußeres Bild einigen Wandlungen unterworfen war..."
Die Festrede
(Universitätsprofessor Dr. Philipp Dengel)
"Die Siedlungsform der Stadt bedeutet in deutschen Landen die letzte Stufe der Besiedlung eines Gebietes. So ist es auch mit Vils, das zu den ältesten Siedlungen von Außerfern gehört. Es verdankt seine Entstehung den Alemannen oder Schwaben, die sich im fünften Jahrhundert zwischen dem Bodensee und dem Lech festsetzten. Die Vilser sind also, wie die meisten übrigen Außerferner, ihrer Abstammung nach echte Schwaben. Sie mußten in harter und langer Rodungsarbeit der rauhen Wildnis ihr Heim abtrotzen. Der heilige Magnus, der Allgäuer Apostel und Gründer des Stiftes Füssen, brachte diesem Bauernvolke die Segnungen des Christentums.

Die ersten Höfe von Vils lagen nicht an der Stelle der heutigen Stadt, sondern am anderen, dem linken Ufer der Vils. Die Lage war dort nicht günstig, denn die Gebäude waren Ueberschwemmungen ausgesetzt und auch die uralte Handelsstraße, die über den Fernpaß und über Reutte nach Kempten führte, lag auf dem etwas erhöhten rechten Ufer. Es war daher natürlich, daß bei zunehmendem Verkehr auch am rechten Ufer der Vils Wohnstätten gebaut wurden und diese sich allmählich zu einer dorfmäßigen Siedlung zusammenschlossen. Die alte Ueberlieferung spricht von einer ehemaligen Judenniederlassung an der Stelle der jetzigen Stadt. Die Juden seien - wie dies im Mittelalter öfters geschah — vertrieben worden und die Insassen des Dorfes hätten sich an ihre Stelle gesetzt. Eine geschichtliche Rolle spielt nur die jüngere Ortschaft an der Stelle der heutigen Stadt.
Politisch gehörte das Vilstal zum Herzogtum Schwaben. Später kam es in den Besitz des Reichsstiftes Kempten und dieses gab es zu Lehen den Freiherren von Hohenegg, einem im Allgäu reich begüterten Adelsgeschlechte. Die Hohenegg hausten auf dem Schloß Vilsegg. Vils lag im Netze wichtiger Verkehrsverbindungen und der italienisch-deutsche Handelsaustausch gab dem Orte eine besondere Bedeutung. Neben den Bauern siedelten sich Gewerbetreibende, Wirte und Frächter an. Die Häuser rückten enger zusammen und ein reges und buntes Straßenleben entwickelte sich. Diesen Umständen ist es zu verdanken, daß der deutsche König Ludwig der Bayer auf Bitten der Hohenegg dem Dorfe Vils das Stadt- und Marktrecht verlieh. Die Gerichtsbarkeit lag in den Händen der Hohenegg. Das altertümliche Steinkreuz auf dem Marktplatze gibt Kunde von dem Freiungs- und Asylrecht, das in der Stadt herrschte: dieses eigentümliche Sonderrecht galt für Personen, die wegen einer Freveltat anderwärts verfolgt wurden. Sie fanden, wenn es sich um kein gemeines Verbrechen handelte, in Vils Zuflucht, mußten aber den Hohenegg als Inhabern der Gerichtshoheit eine Vergütung in Geld leisten. Die Hohenegg gründeten auch die selbständige Pfarre in Vils und erbauten zu Füßen der Burg Vilsegg das stimmungsvolle Kirchlein St. Anna.
Mit dem Aussterben der Hohenegg im Jahre 1671 ging Vils in den Besitz des Hauses Habsburg über, das die Stadt durch Pfleger verwalten ließ. Sine Einverleibung in den landschaftlichen Verband von Tirol erfolgte damals noch nicht. Im Frieden vom Jahre 1805 mußte Österreich mit seinen schwäbischen Besitzungen und dem Lande Tirol auch die Stadt Vils an Bayern abtreten. Erst im Jahre 1816 wurde Vils auf Grund der Verhandlungen des Wiener Kongresses wieder an Österreich zurückgegeben und nunmehr mit dem Lande Tirol und dem Landgerichte Reutte vereinigt.
Während andere Städte im alten Deutschland durch Handel und Handwerk besonderes Gepräge erhielten, blieb Vils durch alle Jahrhunderte hindurch immer eine vorwiegende Bauernstadt. Daneben verschaffte aber auch der Verkehr auf der Kemptener Straße den Bürgern reichlichen Nebenverdienst. Die Kaufleute und Fuhrwerke mußten an der Zollstätte in Vils ihre Abgaben entrichten. Besonders bedeutsam für Vils war die Verfrachtung von Salz aus der Pfanne von Hall nach Schwaben. Damals befand sich in der Stadt ein eigenes Salzfaktoramt. Ungefähr 6000 Fässer wurden hier jährlich abgeladen. Der Verkehr förderte auch die Entwicklung des Handwerks in bedeutendem Maße. Eine alte Hammerschmiede, die heute noch neben dem Sankt-Annen-Kirchlein steht, bildet ein sehenswertes Denkmal früherer Handwerkstechnik.
Von kriegerischen Ereignissen blieb Vils nicht verschont. Die Burg Vilsegg sah manchen ritterlichen Strauß und viel deutsches Bruderblut ist um ihre Mauern geflossen. Der allgäuische Bauernaufstand, der schmalkaldische Krieg, der 30jährige Krieg, sie bedeuteten für Vils Entsetzen und namenloses Elend. Und trotzdem stellte dieses brave und tapfere Geschlecht bei der Erhebung Tirols im Jahre 1800 eine eigene Schützenkompagnie auf. In den folgenden Kriegen des 19. Jahrhunderts waren auch immer Vilser Bürger in den Reihen der österreichischen Heere. Im Weltkriege zogen 154 Vilser, mehr als der vierte Teil der Einwohner,
ins Feld und 40 davon blieben auf der Walstatt.
Ueber die moderne Entwicklung der Stadt wäre kurz folgendes zu sagen: Die Erbauung von Eisenbahnen zog den Fernverkehr an Frachtgütern von der Vilser Straße ab. Es wurde still in der kleinen Voralpenstadt, Gewerbe und Handwerk versiegten. Die Fernbahn, die das Außerferner Gebiet neu beleben würde, ist bis heute ein Projekt geblieben. Durch die Erbauung der Bahn nach Pfronten und später durch den Anschluß an die Mittenwaldbahn, wurde Vils an das allgemeine Eisenbahnnetz angeschlossen. Das war sehr wichtig für die Zementindustrie, die sich zu einem großzügigen Unternehmen entwickelte und dadurch ausfallende Verdienstmöglichkeiten ersetzte. Aber auch die Landwirte von Vils haben sich unter weitblickender Führung den modernen Verhältnissen angepaßt und eine Intensivierung der Bodenausnützung und Vergrößerung des Viehstandes erreicht. Die Sennereigenossenschaft, deren Betrieb vom Landeskulturrat zu einer Lehrsennerei
erhoben wurde, verarbeitet jährlich 400.000 Liter Milch..."
Unter anderem sollte als Attraktion am Nachmittag auch das Flugzeug 'Tirol', von Innsbruck kommend, bei Vils landen. Vormittags startete Oberstleutnant a. D. Eccher mit dem Flugzeug für einen Probeflug, bei der Landung überschlug sich die Maschine jedoch, sodass durch die Schäden an dem Flieger der Ausflug nach Vils verhindert wurde.
