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Die Kornhaus-Ordnung von Reutte (1729)

Aus einer Vortragsreihe des Universitätsprofessors Dr. Ignaz Ph. Dengel (Zusatz von 1929)

Kornhaus-Ordnung

Das Kornhaus von Reutte, das heutige Magistratsgebäude, wurde gleich nach der Erhebung des Dorfes Reutte zum Markt im Jahre 1489 errichtet. Es war dies notwendig, um das aus Bayern und Schwaben eingeführte Getreide zu lagern, das auf den regelmäßig stattfindenden Wochen- und Jahrmärkten öffentlich verkauft wurde. Zur Regelung dieses Getreideverkehrs, welcher der Marktgemeinde an Stand- und Meßgeld nicht unbedeutende Einkünfte brachte und an den Markttagen das Bild des Ortes ungemein belebte, wurden eigene Ordnungen festgesetzt. Eine solche Kornhaus-Ordnung vom 12. Dezember 1729, erlassen von dem Pfleger der Herrschaft Ernberg, Freiherrn Johann Gaudenz von Rost, sei im folgenden auf Grund der Originalurkunde mitgeteilt.

Das 'bürgerliche Kornhaus' wurde an den Wochen- und Jahrmarkttagen um 9 Uhr morgens geöffnet. Vorher durften die fremden Händler nichts verkaufen, wer es dennoch tat, wurde mit dem Verluste seiner Ware bestraft. Alles Getreide, das auf die Märkte nach Reutte gebracht wurde, mußte in dem Kornhause abgelegt und eingestellt werden. Den fremden Fuhrleuten war es strengstens untersagt, an den Vorabenden der Wochen- und Jahrmärkte weder unterwegs noch in Reutte Getreide zu verkaufen. Ebenso war es verboten, an den Jahrmarktstagen Getreide vor Schluß des Marktes einzukaufen und gleich wieder zu verkaufen. Ein solcher Vorgang wurde als strafmäßiger Vorkauf angesehen und mit dem Verfalle der Ware bestraft. Kein Bürger durfte mit Umgehung des Korn-Hauses Getreide in sein Haus bringen lassen. Alles nach Reutte gebrachte Getreide mußte durch den amtlichen Kornmesser zu- und eingemessen werden, und hiefür war Meß- und Standgeld zu entrichten. Das an den Markttagen nicht verkaufte Getreide durfte im Kornhause eingelagert werden und der Kornmeister war berechtigt dieses Getreide unter der Woche im Auftrage der Händler zu dem vorgeschriebenen Preise zu verkaufen. Der jeweilige Kornmeister, der Kornmesser sowie die Korn-Auf- und Ableger mußten darüber die genaue Inspektion führen und Uebertretungen dem Bürgermeister anzeigen.

Wer außerhalb der Markttage Getreide nach Reutte brachte, durfte dasselbe nur gegen Bezahlung des Meß- u. Standgeldes zum Verkauf bringen. Der Kornmeister war bei 'Entsetzung seines Dienstes' und sonstiger Bestrafung verpflichtet, das ihm zur Verwahrung anvertraute Getreide sorgfältig zu konservieren und durfte beim Verkaufe desselben keinen Vorteil für sich herausschlagen. Auch wurde ihm eingeschärft, bei Messung des Getreides Arm und Reich, Käufer und Verkäufer gleich zu behandeln und gerecht und pflichtmäßig zu messen. Die verordneten Ab- und Aufleger wurden verhalten, sich jederzeit in Verrichtung ihres Dienstes willig und bescheiden zu verhalten und sich von jedem, der ihrer viel oder wenig bedarf, gegen den aufgesetzten Lohn unverweigerlich gebrauchen zu lassen.

Damit diese Ordnung desto eher eingehalten wurde, wurde dem Kornmeister und Kornmesser sowie den Ab- und Auflegern bei Verlust ihrer Aemter aufgetragen, alle Uebertretungen jedesmal unverzüglich der Obrigkeit anzuzeigen. Die Hälfte der Strafgelder fiel der Herrschaft Ernberg zu, den Rest teilten sich die Marktgemeinde und die 'Denunzianten'. Als Gehalt bezog der Kornmeister von jedem verkauften Schaff schweren Getreides 2 Kreuzer, von einem Schaff geringen Getreides 1 Kreuzer, dazu an Prenten-Geld 2 Kreuzer. Für das nur zum Durchführen eingestellte Getreide gebührten ihm für den Sack 2 Pfennig und von einem Fäßl Getreide 1 Kreuzer. Der Kornmesser hatte von jedem Metzen, es sei schweres oder geringes Getreide, 1 Pfennig. Die Ab- und Aufleger bezogen von jedem Sack schweren Getreides 1 Kreuzer Ablegerlohn und fürs Auflegen ebenfalls 1 Kreuzer. Für einen Sack geringen Getreides gebührte ihnen nur die Hälfte. Das Kornhaus diente auch zur Verwahrung der Gemeindegerätschaften. Nach einer Beschreibung, die anläßlich des Wechsels des Kornmeisters im Jahre 1770 durch den Bürgermeister Johann Lang und den Ratschreiber Martin Pürcker vorgenommen wurde, befanden sich allda die unter anderem folgenden Geräte: 4 Feuerspritzen, 2 Handspritzen, 78 lederne Feuerkübel, 19 Feuerhacken und Gablen, darunter zwei doppelte, eine Doppelleiter, 6 einfache Leitern, drei Schubkärren, ein Steinöl mit Eisen beschlagen, ein Zugseil mit einem Eisenhacken, 1 Eisenschüsselwag, eine große eiserne Wagstange ohne Holzwerk, ein eisernes Gehäng zu einem Flaschenzug, 3 steinerne Gewichter, zusammen bis eindreiviertel Zentner, 7 Eisengewichter, 30 Dreiviertel Pfund haltend, eine eiserne Wagschale, 33 Kornprenten, ein irdenes grünes Schreibzeug, 6 Sessel, ein eisernes Ofentürl bei dem Ratsstuben-Ofen, ein Ofenblech bei der gewöhnlichen Stube, eine Ofengabl, die Kornhausordnung auf einer Tafel, ein großes Zugseil unter dem Dach, 4 Nachtwächterstöcke. 2 Brandmarkeisen mit dem Marktwappen, 2 eiserne Spitzhämmer, 7 eiserne Stangen samt einem Maulgätter, so zur Zeit der Viehsucht gebraucht worden. 16 größere und kleinere kupferne Blechgeschirre, 4 Gätter bei den Fensterflügeln, ein Bohrgeschirr, 2 Eisenpickel, ein großer eiserner Rechen, 1 Steinschlögl, 1 Hobeisen. An neuer Wiener Messerei 2 halbe Metzen und 2 Vierling mit Eisenbeschlag, 2 halbe Vierling, 2 Mäßlen, 2 Dreißigperlen, 2 halbe Dreißigperlen. Endlich 360 eiserne Harnische. Bezüglich letzterer ist bemerkt, daß sie nichts nutzen und man einen größeren Nutzen hätte, wenn man sie verkaufen würde.


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