Heimatkunde von Pflach
Serie aus: Außferner Bote (April, Mai 1928)
Pflach ist größtenteils auf einer Schutthalde erbaut, deren Gewölbe durch den Lahnbach aus dem Fangtale heruntergeschwemmt wurde. Es liegt 836 Meter über dem Meere.
Der Name Pflach kommt von "Flach" oder "Blach", was gleichbedeutend ist. (Flachfeld - Blachfeld). In einem alten Schreiben — leider fehlt das Datum — in dem die Gemein Flach nebst Reyti, eine Beschwerde gegen einen "Fatker" wegen unbefugten Holzschlagens an die Obrigkeit richtet, finden wir wiederholt den Namen "Flach". (Gemeinde Archiv in Pflach). Dieser Name ist erklärlicher, wenn wir wissen, wie die Ansiedlung erfolgte. Die ersten Häuser wurden auf dem Hüttenbichl erbaut, nebst dem Hüttenwerk und Mühle im Tale. Von den alten Häusern auf dem Hüttenbichl steht nur mehr ein Haus, das zweite Haus ist jüngeren Datums. Der Bauplatz auf dem Hüttenbichl war jedoch sehr beschränkt und die weiteren Ansiedlungen mußten herunten auf den "Flächen" fortgesetzt werden. Dabei blieb man zunächst an der Arch, um die Wasserkraft für die Hammerwerke auszunützen. Davon wurden jene Häuser, die mehr gegen den Lech standen, schon längst abgebrochen bezw. wurden deren Reste vom Lech weggeschwemmt. In einem "Situationsplan" vom Jahre 1800 war dort, wo heute wüste Sandfläche ist, das Schmittenwäldle mit einer Kohlhütte, eine Säg- und Gipsmühle.
Wann die erste Ansiedlung in Pflach erfolgte, ist nicht bekannt, wahrscheinlich schon vor dem Jahre 1000, bei der Erschließung des Bergwerkes im Fangtale am Säuling. Nach einer Sage soll der hl. Magnus dieses Bergwerk erschlossen haben. Es dürfte aber davon so viel zu halten sein, wie bei den übrigen Sagen, die über ihn in unserer Gegend verbreitet sind.
Die ärmliche Bauart der Häuser (meist Doppelhäuser) zeigt uns ein Knappendörflein, das mit dem Aufblühen des Bergwerkes zu rechter Hand der Arch,
gesichert vor Ueberschwemmungen, auf der erwähnten Schutthalde sich ausdehnte und entwickelte.
Vom Betriebe des Bergwerkes in der ersten Blütenzeit fehlen alle Anhaltspunkte. Um das Jahr 1500 war das Bergwerk völlig eingestellt. 1510 wurde es samt den Blechhütten und Schmitten, Wasser- und Holzrechten von den Gebrüdern "Hochstetter" aus Augsburg käuflich erworben. Bald zog wieder reges Leben im Hüttenwerke ein, die Schmelzer auf dem Hüttenbichl und die Schmiede an der Arch entlang hatten wieder vollauf zu tun. Die Wohlhabenheit der Bewohner nahm zu. Im Jahre 1515 wurde auf dem Hüttenbichl eine gotische Kapelle für die Knappen und Schmelzer erbaut. Auch eine Schenke mit einer Ausspeis wurde errichtet. Der rege Verkehr in der Schenke weckte bald den Neid der Geschäftsleute in Reutte. Ueberdies ließen sich die Hochstetter'schen Leute Uebergriffe zu Schulden kommen, besonders im Holzbezug aus dem Griesbachtale. Es kam zu Anfeindungen und Streitigkeiten. Es wurde eine Kommission aus Innsbruck berufen und diese brachte es am 18. Mai 1917 in Reutte zu einem Vergleich.
Unter anderem wurde bestimmt, daß Wein beim Hüttenwerke nur für die Arbeiter ausgeschenkt und keine offene Wirtschaft gehalten werden darf. Das Fleisch soll bei den Metzgern in Reutte eingekauft werden; nur wenn sie den Bedarf nicht decken können oder die Preise höher sind als in anderen Orten, darf es von Füssen bezogen werden. Eine offene Fleischbank durfte beim Hüttenwerk nicht errichtet werden. (Archiv Reutte).
Allmählich gerieten die Hochstetter in Schulden, das Hüttenwerk kam ins Stocken und schließlich zum Stillstand. Georg Hag löste das Bergwerk ab und 1606 ging es in den Besitz des Pflegers von Ernberg Burkhardt Laymann über.
Bald darauf kommt der 30-jährige Krieg und die Pestzeit, und das Bergwerk kam zum vollständigen Stillstand. Wie aus den Verträgen und Urkunden zu entnehmen ist, war Pflach schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts eine "Gemein" mit eigenem Statut, war aber noch lange in mancher Beziehung von Reutte abhängig. 1672 erhielt Pflach die Bewilligung "Zuzug und Einhausgellter" einzuheben.
Nach einem Steuerbuch aus dem Jahre 1736 hatte Pflach 41 Hausnummern und mußte seine Steuern an den Bürgermeister nach Reutte abliefern. In demselben heißt es: "Summe Steuer beträgt auf 3 Termin oder jährlich 102 fl. 26 Kr. 2 Vierer 7 Perner so jährlich dem löblichen Bürgermeister in Reutte einzuzahlen kommt, das ist aber zu wissen, daß nach der neuen Steuer ein Gulden zu 60 Heller, ein Kreuzer zu 5 Vierer oder Pfennig und ein solcher Vierer zu 10 Perner angenommen wird".
Wann die Kirche in Pflach erbaut worden ist, ließ sich in keinen Schriften finden. Wie alte Leute erzählen, war sie einst eine Filialkirche, und durch mehrere Jahre hindurch hatte ein Priester im Hause Nr. 13 in Pflach seine Wohnung. Die prächtige Sonnenuhr an der West- und Südseite soll von einem Pfarrer namens Schwarz gemalt worden sein.
Im Jahre 1803 erhielt die Gemeinde Pflach die Bewilligung, eine Brunnenleitung vom Säuling in das Dorf zu bauen und das dazu erforderliche Holz für 570 "Teucheln" zu fällen. Diese Brunnenleitung wurde 1908 durch eine Hochdruckleitung ausgewechselt.
Im nächsten Jahre 1804 wurde vom Landes-Zuberum durch das k. k. Kreisamt im Oberinntal in bester Form der Tyrolischen Landes- und Grundherrschafts-Rechten der Gemeinde Pflach der k. k. Herrschaft Ehrenberg die Bewilligung ein Filial-Schulhaus mit einer Stube, einer Küche und einer Kammer, dann ein Behältnis für die Feuerspritzen und anderen Löschgeräten gegeben. In dieser Verleihungsurkunde wurde weiters auch bestimmt, daß die Gemeinde weiterhin verpflichtet sei, ihr "Betreffnis" dem pfarramtlichen Schulhause in Reutte beizutragen. Durch die damaligen unruhigen Zeiten kam aber der Bau des Schulhauses nicht zu stande. Erst im Jahre 1822 den 11. März wurde vom Gemeinde-Ausschuß beschlossen, den Schulhausbau zu beginnen. In der noch vorhandenen Kundmachung heißt es, daß ein Maurer und ein Zimmermann 36 Kreuzer, ein Taglöhner 24 Kreuzer und eine Taglöhnerin 18 Kreuzer erhalten soll.
Ein Lehrer war aber zu dieser Zeit schon angestellt, der in verschiedenen Bauernhäusern seine Schulstube hatte. 1824 wurde im Schulhause zum erstenmal unterrichtet. Das Schulhaus hatte nur ein Erdgeschoß; der erste Stock wurde erst 1884 daraufgebaut.
Zum Hüttenwerk zurückkehrend sei noch erwähnt, daß die Schmelzöfen nach dem 30-jährigen Kriege nicht mehr in Betrieb gesetzt wurden. Durch die Pest wurde die gesamte Bevölkerung bis auf 6 erwachsene Personen und einige Kinder dahingerafft. Das Hüttenwerk wurde zur Gänze in eine Mühle umgewandelt und 1918 von der Firma Georg Schretter eine Holzschleiferei und Pappfabrik errichtet. Wie bei vielen anderen Bergwerken, so sollen auch hier Ungerechtigkeiten vorgekommen sein, und die Seele eines Verstorbenen hatte auch hier das Unglück in die Geisterwelt versetzt zu werden, um an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten auf Erden zu erscheinen. Die Sage erzählt folgendes:
An Sonntagen abends nach dem Gebetläuten kam jedesmal ein Geistlicher mit priesterlichem Gewand, aber ohne Kopf zur Sakristei heraus und trug auf seinem Arm ein Wickelkind. Was er dann weiter tat, weiß man nicht; weil die Leute, die ihn sahen, entsetzt zur Kapelle hinaussprangen. Ein "Mädele" hatte auch einmal das Unglück, den Geist zu sehen. Es erschrak so sehr, daß es verrückt wurde und es seiner Lebtag blieb.