Das Schützenwesen in Außfern (1925)
Aus: Ausferner Bote vom 21. Mai 1925
Reutte. (Das Schützenwesen in Außfern.) Das Scheibenschießen wurde in unserem Bezirke nachweisbar allerorts schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts (1600) eifrig gepflegt und seit dieser Zeit knallen die Stutzen auf unseren Schießstätten. Nicht nur jede Hauptgemeinde, sondern auch viele Fraktionsorte haben eigene Schießstände.
In besonderer Blüte stand bei uns das Schützenwesen gegen Ende des vorigen Jahrhunderts. Außer den Kaisergabenschießen gab es auf jedem k. k. Schießstande zahlreiche Freischießen. Damit aber nicht genug, vereinigten sich die benachbarten k. k. Schießstände in den einzelnen Tälern zu privaten Schützenvereinen. Der erste dieser Vereine war der Oberlechtaler-Schützenverein, gegründet 1884 von Schützenmeister Johann Strobl und den damaligen Schützenräten Ludwig Denggel, Josef Knittel und Engelbert Lumpert, sämtliche von Holzgau. Diesem freien Schützenverein traten bei die Schützen von Kaisers, Steeg, Hägerau, Holzgau, Stockach, Bach, Elbigenalp, Häselgehr und Gramais. Der Jahresbeitrag für diesen Verein betrug 20 Kreuzer. Mit den Vereinsbeiträgen wurden jährlich 2 Festschießen, abwechselnd an den verschiedenen Orten, wo Vereinsmitglieder waren, veranstaltet. Bei diesen Vereinsschießen ist es immer hochfeierlich hergegangen. Bei der Eröffnung der Schießen war Festzug mit patriotischer Festrede und gemeinsames Festessen zu Mittag. Auch die Bestverteilung am Schlusse der Schießen war stets von Musik und Festreden begleitet.
Angeregt vom regen Schützenleben im oberen Lechtale, schlossen sich alsbald auch die k. k. Schießstände im unteren Lechtale, dann jene in Zwischentoren und im Tannheimertale zu freien Schützenvereinen zusammen. Gründer des Unterlechtaler Schützenvereines war der Oberförster Schlager in Stanzach, jenen in Zwischentoren hat Herr Oberlehrer Schedle in Heiterwang im Verein mit Herrn Posthalter Engelbert Jäger von Lermoos gegründet. Die seinerzeitigen Gründer des Schützenvereines im Tannheimertale, welcher noch fortbesteht, sind dem Schreiber dieser Zeilen leider nicht bekannt.
Wie anderwärts, so kam auch im hiesigen Bezirke das so blühende Schützenwesen infolge des Krieges in gänzlichen Verfall. Doch kaum waren einige Jahre nach Friedensschluß verstrichen, so begann es sich auf den hiesigen Schießstätten zu rühren. Vor allem ging da die Schützengesellschaft des Hauptschießstandes Reutte mit gutem Beispiel voraus. Es wurde hier mit Unterstützung seitens der Gemeinde ein ganz neuer, sehr zweckmäßiger Schießstand erbaut und die erste Schützengilde gegründet. Beim feierlichen Eröffnungsschießen im Jahre 1923 waren alle Landesbehörden und der ganze Bezirk vertreten. Ohne Unterbrechung knallten 8 Tage lang die Stutzen.
Das Jahr 1924 brachte ein großes Festschießen zur Erinnerung an den 300jährigen Bestand der Schützengesellschaft in Reutte mit dem Ringen um die Meisterschaft von Tirol. Nachdem die Schützengilde in Reutte gegründet war, entstanden alsbald auch in den einzelnen Gemeinden wieder Schützengilden nach den neuen Statuten. Auch in dieser Beziehung ist das Oberlechtal und Tannheimertal voraus. Daselbst bestehen bereits in allen Gemeinden ordnungsmäßige Schützengilden. Einzelne Gemeinden im Unterlechtal und in Zwischentoren sind noch rückständig. Dessen ungeachtet werden wir aber alsbald an die Gründung des Ausferner Schützenbundes schreiten und wir sind sicher, daß der entlegene Bezirk Reutte mit den andern Bezirken Tirols bezüglich des Schießwesens sich wird messen können.