Von Bezigau nach Görisried führt eine meist nur von Holz- und Oekonomiefuhrwerken benützte Straße durch den Kempterwald. Etwas abseits derselben beim Weiler Stein sieht man auf einsamer Waldblöße einen hohen Nagelfluhfelsen, der von ferne fast die Gestalt eines verfallenen Turmes hat. Man heißt diesen Felsen den Dengelstein. Sieht er von ferne gar nicht viel gleich, so wächst er mit jedem Schritt, den man näher an ihn herankommt. Man sagt ihm allerlei Ungerades nach.

der Dengelstein
Oft hört man in der Nacht vom Dengelstein her ein seltsames Klingen und Hämmern, ähnlich wie wenn der Bauer auf dem Dengelstock die Sensen schärft. Die Alten sagen dann, das bedeute nichts Gutes, und es soll der Böse dahinter sein. Will der Tod ein großes Loch in die streitsüchtige Menschheit mähen, so bestellt er den Teufel zum Dengelstein und sagt: "Dengle scharf!" und dann hört man zeitweis dieses wunderliche Klingen und Hämmern, wie es bald leise, bald deutlicher durch die stille Nacht zieht
und manches furchtsame Gemüt ängstigt. -- B'hüt uns der Herr! spricht das fromme Ahle in der Stille, macht † † † und betet sich mit ein paar Vaterunsern eine schlaflose Stunde hinweg.
Aus: Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus; Karl Reiser (1895)